Sein SEIN
Ich kenne ihn schon seit – immer. Eine ziemlich kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass ich erst seit kurzem volljährig bin und doch schon recht lange.
Doch das macht es nicht besser, im Gegenteil. Was wir tun ist in dieser Gesellschaft wahrscheinlich, nein ziemlich sicher sogar das Verpönteste, Verbotenste Verruchteste, was man tun kann.
Wir haben keinen getötet oder so, aber wir haben uns gern. So gern, dass wir heimlich Blicke austauschen, über unsere Schwachstellen streichen, wenn es keiner bemerkt oder uns verstohlen einen Kuss holen in einem dunklen Eck oder leeren Raum. Was daran so schlimm ist?
Er ist laut Papa „nicht gut genug“ für mich, weil er "Anders" ist.
Es ist schon verwunderlich, immerhin kenne ich ihn schon mein ganzes Leben und ich habe nie, wirklich nie so gefühlt wie jetzt. Klar, wir haben gegaukelt, gescherzt, gelacht und auch ernst geredet, weil man mit ihm einfach reden kann, aber ich hatte nie das Bedürfnis in seiner Nähe sein zu müssen, sobald er den Raum betritt. Ich habe nie nach einer Ausrede gesucht um abends zuhause zu bleiben, damit ich ein paar Minuten oder Stunden mit ihm verbringen kann. Ich habe mich nie zusammenreißen müssen ihm nicht um den Hals zu fallen und zu küssen, sobald er in meine Nähe tritt. Ich hatte nie Gänsehaut, wenn er meinen Arm, mein Bein, meinen Nacken, meinen Hintern streifte, doch jetzt werde ich ganz verrückt und wahnsinnig, wenn er es tut.
Den ganzen Tag erinnert mich alles an ihn. Dieser eine Song im Radio, der alle gefühlten 10 Minuten gespielt wird. Die Kuchencreme, weil er die so lecker findet. Die Gugelhupf-Form, weil er fantastisch Gugelhupf machen kann. Gurken, weil er mich liebevoll so nennt, wenn ich mich doof benehme.
Kurz gesagt – ich habe mich Hals über Kopf verliebt.
Es geht sogar soweit, dass ich mich abends aus dem Haus schleiche, um im Schutz der Dunkelheit zu ihm zu gehen mit dem Mond als einzigen Zeugen. Dann fühle ich mich wie ein kleines Kind, das auf das Christkind wartet. Gespannt und mit allen Sinnen geschärft eile ich durch die Nacht zu ihm und wenn ich dann bei ihm bin, bin ich glücklich.
Ich weiß nicht woran es liegt, aber mein ganzer Körper schreit nach ihm, verzehrt sich nach seinem, braucht ihn. Jede seiner Berührungen verursacht in mir ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann. Eine Mischung aus Freiheit, Freude, Leichtigkeit, Liebe, Lust, Sehnsucht, Sucht, Zuneigung. Ich höre auf, mir den Kopf zu zerbrechen über alles, kann endlich wieder frei atmen und genieße einfach die Gegenwart ohne an später oder morgen zu denken. Ich schlafe wie ich es sonst bei niemandem kann und fühle mich sicher und geborgen. Ich fühle mich schön, mag meinen ganzen Körper, jedes einzelne Detail und fühle mich wohl.
Ich glaube, ich habe mich ein Stück in ihn verliebt…
In seine Augen, seine Haare, seine Lachfalten, seinen Geruch, seinen Humor, seine Art beim Kartenspielen zu schummeln, seine Art jemanden zu ärgern, seine kleinen, versteckten Gesten und Blicke. Ich habe mich verliebt in sein Sein.
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