Selbsterschaffene Einsamkeit
Allein sein, und „Allein Fühlen“ - das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, obwohl viele wohl gerne so tun, als könnte man sie trotzdem gemeinsam tragen.
Ich, zum Beispiel, ich war selten allein. In meinem Beruf, da hatte ich andauernd mit anderen Leuten zu tun. Es gab selten Momente, in denen ich nicht von lebhaften Menschenmassen umgeben war. In denen ich nicht telefonierte oder nicht mit jemandem in ein konzentriertes Gespräch verwickelt war.
Und doch fühlte ich mich immer einsam.
Es war, als würde etwas in meinem Körper stetig Kälte ausströmen und damit mein Herz unerreichbar machen. Sogar für mich.
Doch egal, wie viel Kräutertee ich auch in mich hineinstürzte, das Gefühl klammerte sich hartnäckig fest.
Langsam hatte ich mich daran gewöhnt. Wie an einen nervigen Vorgesetzten. Denn im Endeffekt konnte ich dagegen nichts tun.
Doch selbst nach dieser langen Zeit, in der ich den dumpfen Schmerz ertragen hatte, ich hatte nicht gelernt, wie ich damit umgehen sollte.
Ernsthafte Professionalität war mir bei meinem Job am wichtigsten. Naja. Ich konnte mir auch nicht unbedingt leisten, mich einem Kunden gegenüber so zu verhalten, wie ich mich fühlte. Ich durfte nicht durchscheinen lassen, dass mich diese andauernde, aufgesetzte Maske des Lachens langsam wahnsinnig machte.
Die Einsamkeit bäumte sich dann auf, wie eine Welle. Und brach über meinem Kopf zusammen, tauchte mich in Eiswasser, wenn ich aufhören durfte, den Clown zu spielen. Das war dann, wenn ich einen Freund traf.
Ob diese Menschen wirklich meine Freunde waren, oder nur aus Freundlichkeit mit mir in Kontakt blieben, konnte ich nicht sagen. Verdient hätte ich es auf keinen Fall.
Sobald wir länger als eine halbe Stunde miteinander verbrachten, drohte das Eiswasser mich zu ertränken.
„Geh bitte“, würgte ich deshalb nach einer Weile immer heraus. Meine Freunde reagierten anfangs irritiert und verletzt. Ich wollte sie nicht verletzen, es hatte ja auch nichts mit ihnen persönlich zu tun. Nur mit mir.
Wie bereits gesagt. Ich hatte mich daran gewöhnt. Wenn ich mich schon allein fühlte, konnte ich auch allein sein.
Mittlerweile hatten sie sich aber damit abgefunden.
Wenn ich sie also darum bat, mich allein zu lassen, dann nickten sie nur mehr teilnahmslos. Sie standen auf, kramten ihre paar Besitztümer, die sie um sich herum liegen hatten, zusammen und verließen den Raum, die Wohnung. Ließen mich in meiner selbst erschaffenen Einsamkeit sitzen.
Und jedes Mal bereute ich, sie weggeschickt zu haben.
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