Selbstverständlich
Da lag ein Mädchen. Glatte Haut, dünne Arme und Beine. Bleiche Haut und dünne, blonde Haare. Vermutlich zirka sechs Jahre alt. Ihre Augen waren geschlossen. Dunkle Augenringe, aber eine so unschuldige Ausstrahlung. Ein viel zu grosser Beatmungsapparat, der beinahe ihr gesamtes Gesicht bedeckte. Alles um sie herum steril und weiss. Die Tür schwang auf. Ohne Klopfen. Eine Frau, sorgender Blick, Süssigkeiten als Geschenk. Sie nahm die Hand des Mädchens. «Hi Liebling. » Die Augen öffneten sich. Freude, Erleichterung, Glück im Blick des Mädchens.
Keine Fürsorge bei der Frau. «Mom. » Moms Hände zitterten fast unmerklich. «Wie fühlst du dich, Spätzchen? » Sie stand ruhig auf. Ganz gelassen. Über ihr Kind gebeugt. Das Mädchen setzte zum Sprechen an. Die Hand der Mutter auf der Wange der Tochter, ein Lächeln. Vorfreude. Die Hand bewegte sich. Die Finger am Verschluss des Beatmungsgeräts. Klick. Der Verschluss war geöffnet. Die Tochter ohne Verständnis. Die Mutter mit Vorfreude. Die Augen des Mädchens, langsam rot. Sie versuchte einzuatmen. Ein erstickter Laut. Eine Träne. Nicht bei der Mutter. Den Blick direkt in die Augen der Tochter. Ein ruhiges Lächeln. Ein selbstverständliches «jetzt geh bitte endlich».
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX