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Sie kommen zu mir und ziehen ihre Augen von der Seite hoch. Dann lachen sie und sagen: “Ich bin ein Chinese. ”
Sie sagen zu mir: „Ching Chang Chong. ” „Schlitzauge. ” „Corona. ” „Ew, du isst Hunde und Katzen. ” „Siehst du überhaupt was mit solchen Augen? ” „Deine Jause stinkt. ” „Asiaten schauen eh alle gleich aus. ” „Nur weil du Fledermäuse gegessen hast, haben wir eine Pandemie. ” „Bing Chilling. ” „Weißt du, dass dein Land scheisse und böse ist? ” „Chinesen sind ekelhaft. ” „Am liebsten würde ich dich jetzt umbringen. ” „Deine Mama ist ja genauso hässlich wie du, Hundefresser. ” „Ich versuch nicht mal, deinen Namen auszusprechen. ” „Geh zurück zu deinem Land. ” „Schlag mich mal mit deinem Kung Fu. ”
Wie oft ich diese Worte schon gehört habe, absolut absurd. Jedes Mal. Jedes Mal, als ich meine Wohnung verlasse, passiert sowas. In der Schule, bei der Bushaltestelle, im Park, im Einkaufszentrum, im Schwimmbad, im Kino, überall kriege ich rassistische Kommentare. Wenn in der Klasse über“Asien”, was sie als China. Japan und Korea bezeichnen, geredet wird, drehen sie ihre Köpfe zu mir, starren mich an und lachen. Wenn ich in der Öffentlichkeit mit meiner Familie auf Mandarin rede, machen sie sich über unsere Redensweise lustig. Wenn ich auf einer Bank sitze, gehen sie mit herabsehenden Blicken an mir vorbei. Wenn ich über Hasen rede, fragen sie mich, ob ich Hasen süß finde, oder es liebe sie zu essen. Wenn ich eine Markentasche trage, behaupten sie, dass sie“Made in China”, was sie für fake und schlecht halten, ist. Wenn ich im Bus sitze, zeigen sie auf mich und sagen zu ihren Mitmenschen lachend: “Schau, eine Chinesin.“ Wenn ich eine Box voller Masken halte, befehlen sie mich, diese ihnen zu geben, weil ich laut ihnen automatisch Corona habe, also brauche ich keine Maske. Wenn ich etwas Gutes über mein Land sagen möchte, behaupten sie, meine Worte seien Propaganda.
Ich bin traumatisiert. Ich traue mich nicht als Chinesin rauszugehen. Ich habe Angst als Chinesin überhaupt irgendetwas zu sagen. Ich fürchte mich davor, dass sie wieder zu mir kommen werden und mich mit rassistischen Kommentaren bewerfen. Ich fühle mich unsicher. Ich möchte hier weg.
Als ich klein war, log ich mich selbst an, dass Rassismus ein Ende haben wird. Wird es aber nicht. Ich habe realisiert, egal ob Menschen reich oder arm, weiß oder schwarz, klein oder groß, jung oder alt, Mann oder Frau sind. Sie sind einfach so ekelhaft, so dass sie andere runtermachen müssen, um Spaß zu haben. Während sie“Nein” zu Rassismus sagen, diskriminieren sie gleichzeitig Menschen. Während sie asiatisches Essen lieben, mobben sie Kinder aus Asien. Finde ich lustig. Ich habe versucht, mich zu verteidigen, funktionierte aber nicht. Denn sie machen weiter und suchen dann ein anderes Opfer aus.
Nein, niemand und nichts kann mich überzeugen, dass Rassismus enden wird. Es hat kein Ende.
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