Sieh der Wahrheit ins Auge
Ich laufe durch die Straßen, allein, kein Mensch ist da. Mit dem Gewissen, dass meine Eltern unter Gesteinen und Trümmern liegen, laufe ich in der Hoffnung auf Schutz die endlos lange Straße im Irak hinunter.
Sie sind neben mir, vor mir, unter mir, überall wo ich nur hinsehe, sind leblose Körper, manche haben keine Gliedmaßen mehr, bei vielen kann ich das Gesicht nicht mehr erkennen. Wird mir irgendjemand helfen? Macht es noch einen Sinn zu laufen? Obwohl mir das Ziel noch unbekannt ist? Bin ich überhaupt noch zuhause? Ich erkenne sie nicht wieder. Meine geliebte Stadt, nun voll mit Staub. Voll mit Trümmern, Wände die voll mit Löchern sind, Wände, die nur noch zur Hälfte da sind. Munition am Boden zwischen den zerstörten Wohnungen und Häusern, Geschäften und Parks.
Da, genau in diesem Park vor mir, habe ich noch vor 2 Wochen mit meinen Freunden gespielt. Meine Freunde. Wo sind sie nur? Geht es ihnen gut? Leben sie noch? Ist ihnen das gleiche wie mir passiert? Sind ihre Eltern auch weg? Laufen sie auch gerade durch diese leblosen Straßen, die den Geruch nach Tod haben?
Ich sollte nicht darüber nachdenken. Die vielen Männer, die gerade von der rechten Seite aus der Gasse kommen holen mich aus meiner Starre raus. Schnell! Wo kann ich mich verstecken? Das Blut in meinen Adern gefriert beinahe. Mein Herz schlägt mir fast aus meiner Brust hinaus. Da ist ein Busch! Schnell rein! Die Männer haben mich nicht gesehen. Aber was tun sie da? Da sind zwei Männer unter ihnen, die anders aussehen, sie haben keine Waffen. Sie haben keine kugelsichere Schutzweste an. Ihre Hände sind mit Seilen hinter ihren Rücken verbunden. Was haben sie mit ihnen vor? Wohin bringen sie sie? Werden sie den zwei Männern etwas antun? Es gehen mir zu viele Fragen durch den Kopf.
Wird das alles jemals ein Ende haben? Wird deine endlos lange Straße einmal enden? Haben die Schüsse und Bombenangriffe ein Ende? Es scheint, als hätte nichts davon ein Ende.
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