Spiegelblick
Ein Spiegel. Ein Spiegel, der widerspiegelte. Ich sah mich darin, kristallklar. Sonnenklar sogar, wie an einem sonnigen Tag. Offenbar nicht klar genug.
Bevor der Spiegel wieder spiegeln konnte, wurde er dunkel. Die Sonne ging unter, tiefer als sonst. Keine Sonne mehr, nur noch eine dunkle Schar. Viel reflektiert wurde nicht mehr. Wie auf dem offenen Meer, in einer stürmischen Nacht, verlor ich mich in diesem Spiegel.
Dieser Spiegel warst du. Ich sah mich in dir. Du warst mein Spiegel, mein Ich. Ich sah mich, so kristallklar und hell, in dir, dass ich mich selbst blendete. Genauso wenig, wie der Spiegel nun reflektierte, konnte ich selbst reflektieren. Das Licht brach in die falsche Richtung. Gedanken um Gedanken weiter weg von der Realität, bis der Spiegel sich zum Tunnel verformte. Verzerrung ohne Ende. Ein Tunnel ohne Ende. Tunnelblick. Mein Blick nur noch auf dich gerichtet. Ich selbst sah mich nicht mehr.
Ich werde auf die andere Seite des Spiegels gezogen. Die dunkle Schar ergreift meine Hand. Ein fester Händedruck. Immer tiefer in den Spiegelsturm. Der Wind in meinen Haaren und das salzige Wasser in meinem Gesicht.
Das Auge des Sturmes ist erreicht. Um aus dem Spiegel auszubrechen, muss ich ihn zerbrechen. Dich aus meiner Reflektion verbannen. Ich will mich wieder sehen. Geh bitte! Die Scherben des Spiegels fliegen um mich herum, doch ich komme im Auge an. In der Mitte. In meinen Augen ist das Schlimmste vorbei und du gehst.
Ein Spiegel. Glänzend und prächtig, wie frisch poliert. Der Spiegel spiegelt wieder und dieser Spiegel bin ich. Ich sehe mich wieder. Meine Mitte ist gefunden. Die des Sturmes zieht weiterhin zerbrochene Spiegelbilder mit sich. Der Spiegel, der nun vor mir steht, reflektiert nur mich. Ich kann wieder reflektieren. Meine Gedanken gehören wieder mir. Keine Spur mehr von dir. Der Himmel ist wieder klar.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:




















Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX