Steinbruch
Ich kenne es, alleine zu sein.
Ich genieße es, jetzt nicht mehr nur mir selbst Gesellschaft zu leisten; schließlich bist jetzt du da. Doch, um ehrlich zu sein, war es um so einiges einfacher, immer nur die eigene Realität behirnen zu müssen.
So vieles, was mir in dieser Welt eben und gegeben schien, hat in deinen Augen nichts als Kanten. Deine Welt ist loser Stein, der nach allen Seiten gedreht und gewendet werden muss, bevor du akzeptierst, dass er existiert.
Je öfter du meinen Blick um diese Ecken zerrst, desto weniger komme ich mir vor wie das Selbst, das ich zu sein glaubte.
Ich bin ein weiterer Stein in deinen Händen.
Verrenke mir den Hals daran, jeden Winkel an mir zu kontrollieren, bevor du ihn zu Gesicht bekommen kannst. Habe Angst vor den lichtabgewandten Seiten an mir, die dir unaufhörlich vor die Füße fallen, egal wie sehr ich versuche, sie festzuhalten. Schatten, die selbst mir verborgen und vergessen waren, so gut hatte die Zeit ohne jemanden wie dir - jemand, den es interessierte - sie verscharrt. So manche Dunkelheit in mir zu ignorieren machte mir bisher nichts aus. Bisher.
Es ist nicht einmal deine Absicht, dass es dich kümmert. Es scheint dir keine Last zu sein. Das bist einfach du.
Ich fürchte die Gänge und Höhlen, mit denen du so viel Helligkeit und Luft zum Atmen in mein Bewusstsein schürfst.
Fürchte, unter all dem Geröll begraben zu werden. Mich in diesem Irrgarten endgültig zu verlieren.
Ich erkenne den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Du hast ihn zerlegt, neu zusammengefügt. Meine Schritte fühlen sich falsch an, scheu. Habe Angst zu stolpern und hinter dir zurück zu bleiben.
Würdest du stehen bleiben und auf mich warten? Natürlich. Das bist schließlich du. Aber hätte ich die Stärke Schwäche zuzugeben und deine ausgestreckte Hand anzunehmen?
Kurz davor in mir selbst unterzugehen und vor lauter Unentschlossenheit erdrückt zu werden, komme ich mir dennoch vor wie im freien Fall. Kann mich an nichts halten, außer der Hoffnung, dass du vielleicht ehrlich zu mir bist.
Ich bestehe nur noch aus losen Enden und kann nirgends anknüpfen. Will nicht, dass du mir gerade jetzt hilfst, noch tiefer in diesem Durcheinander gräbst und vielleicht nie mehr los kommst.
Will nicht an dir hängen bleiben.
Geh. Bitte verschwinde, damit ich mich selbst wieder denken höre. Das Selbst, dass ich kenne.
Alles, was du für mich geworden bist, hallt an meinen hohlen Ausreden wieder - der dreisten Lüge, dass ich dich nicht bei mir haben will; dieses Ich nicht ausstehen kann - und vervielfacht sich zu einer Unerträglichkeit, die sich nicht mehr überhören lässt: Die Art, wie du mich siehst stellt mein Weltbild auf den Kopf - mein Selbstbild - fein säuberlich durch harte Worte und Enttäuschungen in Stein gesprengt. Bin ich nicht das Nichts, der Niemand, der ich für alle immer war, wer bin ich dann noch?
Wer bin ich für dich?
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