Stille Gedanken
Tagtäglich sterben Menschen. Erschüttert das heute noch jemanden? Wenn es sich um Angehörige handelt, ja. Sonst, nein. Die Nachrichten über Vermisste, Vergewaltigte oder Ermordete häufen sich. Und doch scheint niemandem aufzufallen, dass wir schlechte Nachrichten gewohnt sind.
Noch vor einem Jahr erschütterte es uns, wenn uns ein Todesfall eines Flüchtlings zu Ohren kam. Egal ob Kind, Frau oder Mann. Damals wollten viele, viele, nicht alle, etwas an dem Massensterben ändern und jedem Flüchtling bei uns Zuflucht gewähren.
Doch sind wir doch mal ehrlich: Heute ist das anders. Wenn wir heute in den Nachrichten etwas über ertrunkene Flüchtlinge hören, nehmen wir es mit solch einer Selbstverständlichkeit oder sogar Gelassenheit hin, dass wir uns schämen sollten.
Wen erschüttert es heutzutage noch, wenn über Vergewaltigungen und Missbrauch berichtet wird? Wenn es sich um Kinder handelt, kann man bei dem ein oder anderen auf ein wenig Mitgefühl und echte Bestürztheit hoffen. Aber wenn es sich um Frauen, und es sind in den meisten Fällen leider Frauen, handelt, dann geht uns das in keiner Weise auch nur irgendwie nahe. Hab ich Recht?
Die Selbstverständlichkeit zur Anwendung von Gewalt, ob in Ehe oder allgemein, gewinnt in unserer Gesellschaft, wenn auch unbewusst, die Überhand.
Mir ist klar, dass viele dem in jeder Hinsicht sofort widersprechen würden und meinen, ich würde übertreiben. Aber wenn Sie länger und genauer darüber nachdenken, werden Sie vielleicht merken, dass ich Recht habe. In unserer Gesellschaft wird immer groß betont, wie wichtig der Friede ist und die Bewahrung der Menschenrechte und so weiter. Aber können wir wirklichen Frieden in uns selbst finden, wenn wir Morde, Verluste und Katastrophen einfach so hinnehmen, auch wenn sie uns nicht direkt betreffen? Denn das ist der Punkt. In gewisser Hinsicht betrifft es uns, wenn in einem anderen Land Krieg herrscht und Frauen wie Sklavinnen behandelt werden. Denn diese Menschen kommen letztendlich zu uns.
Außerdem bin ich der Meinung, dass Friede nur dann herrschen kann, wenn man mit sich selbst im Einklang ist und den Frieden in sich trägt.
Aber das tut niemand. Niemand trägt diese Art von Frieden in sich. Also wie sollen Menschen, die gar keine Ahnung von Frieden haben, ihn auch wahren?
Es wird niemals vollständiger Friede herrschen, dass ist mir klar. Aber Gewalt mit solch einer Selbstverständlichkeit hinzunehmen, das ist für mich unverständlich.
Ich gebe zu, dass ich wie jeder andere bin, der nicht wegen jedem Verlust eine Träne verdrückt. Das ist menschlich.
Und trotzdem habe ich genug davon, täglich in den Nachrichten über Verstorbene zu hören und ich erschrecke selbst, wie gewohnt solche Informationen für mich sind.
Ich möchte auch einmal von Glücksmomenten hören, die mich Aufbauen und mir nicht den Tag vermiesen.
Ich habe genug von schlechten Nachrichten über Gewalt und ich habe es satt, dass wir zulassen, uns an solche Berichte zu gewöhnen.
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