Tempo!
Je älter man wird, umso klarer wird es. Wir befinden uns ständig in Eile. Doch wozu das Ganze? Irgendwann wird dein Herz ein letztes Mal schlagen – und danach? Nichts. Du bist für immer verschwunden: deine Mühen, dein Zittern, dein Rennen, deine Hoffnungen und deine Kämpfe, das alles wird niemand sehen, und trotzdem rennt die Welt weiter.
Tempo.
Alles rennt.
Du musst mitrennen,
und keine Zeit verlieren.
Schneller!
Ein grauenhafter Abend zuhause, doch am nächsten Tag muss wieder alles in der Schule passen. Die Lehrer interessieren sich nicht dafür, wie du dich fühlst. Für sie bist du nichts anderes als die Ziffern in den Notenheften. Doch was sind wir Menschen ohne Gefühle?
Tempo. Bleibe einfach dabei.
In dem System, in dem du gefangen bist.
Gefühle ignorieren wir.
Ein anstrengender Schultag, aber zuhause wird es noch anstrengender. Von jedem wird ignoriert, was du eigentlich empfindest, auch von dir selbst. Denn das Einzige, was gerade relevant ist, ist die Mathe-Schularbeit in drei Tagen. Du versuchst alles andere zu unterdrücken, denn du musst schneller werden.
Tagelang gelernt, kaum Zeit für deine persönlichen Interessen gehabt, doch wen interessiert das schon, wenn die Note auf der Schularbeit nicht den Erwartungen entspricht, weil man vor Stress und Druck schon wieder versagt hat. Weiter geht´s! „Lerne das nächste Mal einfach mehr“, sagen die Lehrer, die dir deine Frühwarnung austeilen.
Aber das Leben läuft weiter. Du hast keine Zeit für Trauer, Kummer oder sonstige Gefühle, da dein Fokus auf der nächsten Schularbeit liegt. Hausübung, Prüfung, Aufsatz, Vokabeln – und du rennst durch alles hindurch, ohne zu atmen. Du willst schreien, doch die Zeit erlaubt es nicht. Das Karussell, in dem du dich befindest, dreht sich immer schneller und schneller.
Irgendwann sagst du,
dass du nicht mehr kannst.
Dann hörst du,
dass die Zeit ja heilt.
Doch du fragst dich,
wie die Zeit heilen soll,
wenn du immer hinter etwas her rennst,
und keinen Moment
zum Stehenbleiben, Fühlen, Denken und Reflektieren hast.
Nach einiger Zeit wirst du die Konsequenzen davon erleben, dass dein Körper immer unter Stress gelitten hat. Diese können körperlich sein, aber auch mental. Angststörungen entwickeln sich und nun ist nichts wie früher.
Vor jeder Prüfung
rast dein Herz so,
als würde es gleich zerbersten.
Deine Hände zittern so,
dass du Schwierigkeiten hast,
Stifte zu halten.
Dein Kopf dreht sich,
sodass dir übel wird.
Vor anderen ein Wort zu reden,
wird für dich wie eine Folter.
Du hast keine Kraft mehr, doch das Karussell dreht sich weiter.
Tempo.
Alles rennt.
Du musst mitrennen,
und keine Zeit verlieren.
Schneller!
Bald wirst du auch merken, dass du wegen deines schnellen Tempos vieles in deinem Leben verpasst. Deine Geschwister werden älter, die Pflanze, die deine Mutter gekauft hat, ist schon gewachsen, Jahreszeiten ändern sich – du dich auch.
Und irgendwann merkst du,
dass du nicht schneller rennen musst,
sondern stehenbleiben darfst.
Atmen.
Fühlen.
Nur so kann Zeit wirklich heilen.
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