Traumfelder
Es ist ja normalerweise zumindest bei mir so, dass ich mich entweder gar nicht oder nur sehr schlecht an meine Träume erinnern kann. Laut meiner Mutter liegt das daran, dass ich einen festen Schlaf habe, aber manchmal glaube ich, dass meine Träume einfach fast immer zu langweilig sind, um mir in Erinnerung zu bleiben.
Dieser Traum aber war anders. Seltsam. Erstens, weil mir die ganze Zeit bewusst war, dass es ein Traum war, und zweitens, weil ich mit Gummistiefeln vor einem Stückchen frischer Erde stand, es rundherum um mich und das Stückchen Erde schüttete und ich patschnass war, aber das Stückchen Erde war trotzdem trocken. Als ich einen kleinen Schritt nach vorne machte, stieß ich mit den Zehen gegen einen kleinen, harten Gegenstand. Ich bückte mich und hob ein kleines Plastikschild vom Boden auf. Ich blickte mich um und bemerkte plötzlich, dass ich nicht allein war. Ein paar Schritte entfernt stand er auf einem anderen Feld und lachte mich an. Ich sah, dass auch Seines trocken war und es erschien mir, als ob der Regen die zwei Plätzchen umging,
„Warum bist du nicht nass?“, fragte ich ihn. Er blickte mich überrascht an und sah dann hinunter auf seine Erde. „Weil ich auf meinem Feld stehe“, antwortete er, als ob das das Logischste der Welt sei. Ich hob eine Augenbraue und fragte, ob das wohl bedeutete, dass, wenn ich auf meinem Feld stünde, es auf mich ebenfalls nicht regnen würde. Er nickte. Ich machte also einen Schritt, um mich auf das Feldchen zu stellen, aber in dem Moment stieß ich gegen etwas Unsichtbares und fiel auf den Rücken.
Er lachte laut und hörte auch nicht auf, als ich ihn lange böse anblickte. Schließlich wich mein Zorn der Neugier. „Warum kann ich mein Feld nicht betreten?“, fragte ich ihn. Er kicherte und schüttelte den Kopf. „Du musst ihm zuerst einen Namen geben“, erklärte er, „damit alle wissen, was es ist.“ Ich blickte ihn verwirrt an. „Was ist es denn?“, fragte ich ihn schließlich. Er zuckte mit den Schultern. „Das“, erwiderte er, „musst du selbst wissen.“ Ich zuckte nur mit den Schultern und schaute mich nach einem Stift um, konnte aber keinen finden. „Hast du vielleicht einen Stift für mich?“, bat ich, aber er schüttelte nur den Kopf. „Du brauchst keinen echten Stift“, erklärte er, „weil das kein echtes Schild ist, und das vor dir kein echtes Feld.“ Das war das Letzte, was er zu mir sagte. Ich bat ihn mehrmals um eine Erklärung, aber er verstummte nur und irgendwann verblasste er und verschwand schließlich ganz aus meinem Traum.
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