Überbrückung
Die Lichtkegel meiner Scheinwerfer vereinen sich zu einem weißen Halbkreis auf dem Asphalt.
Eine Reihe an Laternen macht sich vor uns auf.
Ihr Licht wird von der Donau 20 Meter unter uns in alle Richtungen, die sie möchte reflektiert.
Du kramst in deinem Rucksack nach Tabak und Zigarettenpapier.
„Sind die Filter im Handschuhfach?“
„Nein, in der Mittekonsole.“
Ich hebe meinen Arm und du holst sie heraus.
„Weißt du ich habe es eigentlich satt nicht mehr die Lungen für meine Ausdauer zu haben. Ich könnte sicher drei Stunden durchlaufen, würde Er mich nur lassen, der Konsum.“
„Das würdest du sicherlich auch nicht schaffen, würdest du nicht Rauchen.“
„Wie kommst du auf die Aussage? Glaub mir, ich bin früher gut gelaufen. ”
„Wann? Wie du zwölf warst und dich noch nicht mit den irrationalen Dingen des Lebens beschäftigt hast? Wir beide wissen eh, warum wir nicht joggen. Da steht uns auch nicht das Nikotin und der Teer in unseren Atemwegen im Weg, sondern nur unser Denkerhobby. ”
„Sag das nicht, ich will jetzt nicht vom Nichtsnutz zum Intellektuellen befördert werden. Aber recht hast du. Würde ich nicht Rauchen, würde ich auch nichts anderes machen als jetzt. Vielleicht würde ich aus schlechtem Gewissen mal zum Greensmoothie greifen, aber so ist es ja eh schon egal.“
Dann sagen wir beide nichts. Du pickst deinen Tschick fertig und beginnst mit einer Zweiten.
Mir wird die Stille zu dumm. Ich beginne situationspassend mit dummen Smalltalk.
„Weißt du, jedes mal wenn ich über die Reichsbrücke fahre, muss ich daran denken, dass sie eingebrochen ist.
Wie deppert sind Ingeneure eigentlich? Machen sich wichtig und scheitern doch an der Mathematik, wie jeder Normalsterbliche. ”
„Entschuldige Madame, dass Einstein nicht alle Brücken in Wien erbauen konnte. Weiß nicht mal ob das der richtige Mann dafür ist.
Ich musste vorher aber auch schon daran denken. Wär schön wenn sie jetzt einbricht. ”
„Wenn sie jetzt einbrechen würde, wären wir hinüber. ”
„Nein, wir wären eben nicht hinüber sondern drin. Mit einer berauschenden Chance zu Ertrinken. ”
„Wie schön es nicht ist, sich mit Nihilisten zu umgeben. ”
„Nenn mich Nihilist, nenn mich wie du willst, aber nur weil ich nicht 20 stunden am Tag DISFRUTA LA VIDA schreie, erkenne ich die hübschen Eigenheiten des Lebens trotzdem an. ”
„Die da wären?“
„Wein ist hübsch. Wein macht auch hübsch. Sogar dich.“
„Charmeur. ”
„Sollte dir ja egal, sein meine Liebe. Wir beide wissen, dass du alles daran setzt nicht schön zu sein. Nur manchmal hast du halt auch deine Momente
„Nein, ich bin es Leid eine Dekoration zu sein. Kauf dir eine protzige Vase. Hat denselben Effekt. ”
„Vasen sind aber hohl. ”
„Diese intellektuelle Phase ist auch nur ein Spiel. ”
„Das sehe ich nicht so, aber bis dahin trinke ich halt weiter und hoffe du siehst das ein. “
Die Donau ist überfahren und die brücke schließt das Lichttor hinter uns.
Ich stell mich in eine Kurzparkzone und wir steigen aus.
„Wir haben zu früh zu leben begonnen. Wir haben schon alles erlebt. Nichts neues kommt mehr. ”
„Wir haben alles erlebt, aber anscheinend noch nicht genug. ”
Du reichst mir die schönere Zigarette.
„Scheiß Leben . ”
„Scheiß Leben. ”
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX