Umdenken
92 verdammte Jahre. So lange war es schon her, seitdem ich das Licht der Welt erblickt hatte. 92 Jahre, in denen uns die Schönheit der Natur verloren gegangen ist. Wenn ich nun aus dem Fenster blicke, übermannt mich ein tief in meinem Inneren festsitzender Schmerz. Er treibt mir die Tränen in die Augen, und ich höre meinen Atem beim Versuch frische, klare Luft einzuatmen, rasseln. Ich wende mich wieder dem Fenster zu und lasse meinen Blick über die Mülllandschaft schweifen. Langsam wandern meine Augen über die zugemüllten Gipfel. Mir steigen erneut die Tränen in die Augen, zornig scheitere ich bei dem Versuch, sie wegzublinzeln. Durch den dichten Tränenschleier nehme ich die Bewegung erst sehr spät wahr. „Eine Amsel“, schießt es mir durch den Kopf. Noch in genau diesem Augenblick, in dem mich der Gedanke über diesen wunderschönen Vogel beglückt, wird mir klar, dass es sich nur um eine weitere Mülltüte handelt, die ihre Bahnen durch die Straßen zieht. Mich packt blanke Verzweiflung, und meine Finger krallen sich in die lachsfarbene Decke, die provisorisch meine Beine bedeckt. Mein Atem geht stoßweise, aber ich schenke ihm keine Beachtung. Ich beginne zu frösteln, ob vor Angst oder Müdigkeit, wer weiß. Meine Hände fangen an zu zittern. Ich hebe erneut meinen Blick auf der Suche nach der natürlichen Schönheit eines lebendigen Wesens. Auf der Suche nach Leben.
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