Unbeugsamer Wille
Es war ein kalter Herbstnachmittag. Ein grausamer Krieg ist nun zu Ende gegangen. Ein Krieg, in den auch meine Stadt mit hinein gezogen wurde und wir als Verlierer hervorgingen. Und als Verlierer konnten wir keine gute Zukunft erwarten. Entweder werden wir als Sklaven missbraucht oder enden in der Arena, um an den Spielen teilzunehmen und zu sterben. Das sollte unser Schicksal sein.
Der König wurde von einem der unseren um Gnade gebeten und er machte uns ein Angebot. Ein nahezu lächerliches Angebot. In der Arena sollte derjenige siegen, damit wir alle freigelassen werden. Dieses Angebot war keineswegs fair, denn er musste gegen einhundert Kämpfer antreten. Einer gegen Hundert. Das ist unmöglich. Während einige von uns versuchten ihre Kinder zu trösten, versuchten andere, ihre Angst zu verbergen, aber es war deutlich erkennbar, dass niemand mehr Hoffnung hatte.
Der Kampf sollte nun beginnen. Ich und noch ein paar andere schauten vom Rand des Käfigs aus zu. Wir sahen auf der einen Seite die bestens ausgerüsteten hundert Krieger und auf der anderen Seite unseren Kämpfer. Er hatte nur eine Hose, die von einem Seil gehalten wurde, und ein Schwert. Er ging stolz und aufrecht und in seinem Gesicht…ein Lächeln. Wie kann er in solch einer aussichtslosen Situation nur lächeln?
Kaum hatte der König die Erlaubnis zum Kampf erteilt, stürmte er sofort los, ohne auch nur einen einzigen Augenblick gezögert zu haben. Er holte mit seinem Schwert aus und schlug wild drauflos. Einer nach dem Anderen wurden von seinen starken Angriffen zu Boden gebracht, doch das würde sicher nicht mehr lange andauern. Kaum hatte ich das gedacht, wurde er schon vom ersten Gegner schwer verletzt und ging auf die Knie. Doch plötzlich stand er wieder auf und machte weiter. Seine heftigen Hiebe brachten zahlreiche weitere Gegner zu Boden. Denkt er ernsthaft, er könnte gegen einhundert Männer gewinnen? Und wieder gingen weitere Widersacher zu Boden. Er war zwar alleine auf dem Schlachtfeld, aber er kämpfte wie eine ganze Armee. Was trieb diesen Mann nur an? Wieso kämpfte er weiter, obwohl er solch starke Verletzungen hatte?
Immer mehr von uns sammelten sich am Rand des Käfigs, um das Spektakel zu sehen. Und in diesem Augenblick sah ich in ihnen etwas, was ich glaubte nie wieder zu sehen: Hoffnung. Unser Kämpfer wich mit keinem einzigen Schritt zurück und besiegte immer mehr Feinde. Er legte in jeden einzelnen seiner Schläge einhundert Prozent seiner Kraft und noch viel mehr. Es war unglaublich: Die Überzahl des ach so mächtigen Feindes wurde immer schneller reduziert. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Niemand konnte das. Der Kampf war zu Ende und die einzige Person die noch stand, war unser Kämpfer. Da stand er, am ganzen Körper verwundet und trotzdem mit einem Lächeln in seinem Gesicht. Kurz darauf brach er zusammen. Er hatte seine Grenzen bei weitem überschritten und dennoch hat er für uns gekämpft und uns unsere Freiheit wieder gebracht. Dieser Mann hatte einen unbeugsamen Willen.
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