Vergissmeinnicht
Menschen sind Sekundentiere. Atmen, lachen, Essen machen. Studiern, philosophieren, reden und radeln. Kuchen essen mit gusseisernen Gabeln. Und Messern aus Messing.
Zeit bleibt da oft keine, wer ist denn auch gern alleine, oder noch schlimmer, mit sich selbst allein, daheim. Nein da ist man lieber voll im Stress, Zuhause nur um zu waschen die Wäsch. Tangotanzen, Geige spielen, Laufen gehen und Trainieren. Neue Leute kennenlernen, um die Vorgekannten zu verlernen. Zählen tut jeder Augenblick und alles geht so quick, quick, quick.
Doch oft an so rasend Tagen, geplagt von Leere und Versagen, denk ich mich an Orte hin, wo mein Herz schon lange schlägt, oder trommelt und trillert, oder einfach nur sitzt. Muster in morsche Hölzer ritzt.
Auf Gipfeln, von kahlen Bergen, in Holzhütten mit alten Porzellanscherben. Kalt ist’s draußen, drin raucht der Kamin, die gelben Kerzenstrahlen erhellen jenes Zimmer so, das schummrig, warm wird. So sitz ich dann da, im dunklen alleine. Denke an dich, und beginne zu weinen.
Leise stehe ich auf, mit nassen Wangen, in dicke Stiefel schlupfen, Winterkluft und Haubal auf, damit mir nicht die Nase lauft.
Finger schließen sich um Türgriffschnalle, der ich beinahe fast verfalle, da ich mich nicht lösen kann. Haut bickt drauf wie abgekühltes Eisen. Langsamst rüttelnd, Haut einreisend, Eiszapfen Finger ich von Klinke reiße.
Tür auf
Kalt
Weiß meine Wangen beckt, oder mit kleinen Küssen beißt. Schnee, der bis zu meinen Knien bricht. Meine Oberschenkel sind kalt. Ich gehe. Komplete Finsternis. Je weiter ich komme, so weiter wächst Sturm und Stille.
Auf meinen Wangen sind Teiche gefroren und Schneeflocken laufen darauf Eis. Ich bleibe stehen. Der Wald hat sich geöffnet. Ich stehe auf einer Lichtung. Es ist dunkel. Ich setzte mich.
So sitz ich dann da, im dunklen alleine. Denke an dich, und beginne zu weinen.
Nicht laut oder viel, kein zerbrochenes Herz, einfach nur Wassers was bekennt jenen Schmerz. Der nicht mehr zu ändern ist. Zu ändern das ich dich vergesse. Das ich nie wieder bei dir esse. Das ich deine letzte Umarmung schon lang nicht mehr spüre und deine letzte Geschichte nicht mehr weiß.
Schmerz ist nicht immer nur zum heilen da,
und Liebe nicht immer zum teilen da.
All deine späten Lebenstage hab ich verpasst, verprasst. Nicht auf die Zeit aufgepasst. Die wir noch hätten haben können. Nur mehr hin und rüber laufen können. So viel wichtigeres zu tun. Und jetzt wirst du noch lange ruhn, vielleicht hab ich da dann nix zum Tun.
Ich würd jetzt gern weinen an deiner Schulter, und mich in deinem Schoss verstecken. Doch könntest du mich jetzt sehen würdest du den Halse recken und dich vor meiner Größe schrecken. Alt und älter. Zeit geht weiter. Und ich sitz allein im Wald, wünsch mich zurück zu jenem Augenblick wo ich mich in deinem Kleid versteck, und denk ans Christkind von dem du immer sprachst. Sturm zieht weiter. Wind, Wind, das Himmlische Kind. Pass auf, dass die Erinnerung mir niemand nimmt.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX