Verloren
Die emanzipierte Frau. Sie mag denken, sie mag sich bilden und müsste deshalb das Wissen über Männer innehaben. Sie suhlt sich in der Kenntnis, in dem Schein des strahlenden Selbstvertrauens, sie ist schließlich die moderne Frau. Ansprüche darf sie haben, und Kinder, so viele sie will, oder auch keine. Und keinen Mann wird sie gezwungen zu lieben, aber wenn ihr Herz dann einmal wild klopft, dann weiß sie, dass sie seinen Respekt ganz für sich hat. So wirkt es nach außen, die stolze Frau, der respektvolle Mann, wohl wahr, ein wunderschönes Paar. Aber Emanzipation, so scheint sie vergessen zu haben, die ändert zwar sie selbst, aber nicht die Natur, die Natur des Mannes.
Sie darf jetzt auch den Konsum von Alkohol genießen und ihre Finger um Rotweingläser spreizen. Der Mann aber, fühlt sich minimalst, oder manch einer gar aufs Maximum, seiner Maskulinität beraubt. Schließlich schwenkt er seine Egozentrik, sowie seinen Charme im täglichen Cognacglas, hin und wieder im Ouzo, Grappa oder Ron Zacapa, ein regelrechter kulinarischer Weltenbummler. Aber die Frau nahm ihm auch noch dieses Ass.
Und wenn sie dann Kinder hat, die an ihrer Brust hängen, die sie so unglaublich unattraktiv machen, ein Teil mit ihrem Körper waren, dann hält sie die Kinder jetzt plötzlich von sich weg, zum Mann hin, er solle sich um sie kümmern. Aber die mit dem spielerischen Verstand sind doch die Frauen. Beim Mann muss das Kind spuren, es muss, am besten mit einem Jahr schon, salutieren, niemals zappeln, Kind sein darf es nicht, schließlich würde das für den Mann bedeuten, seinen Standpunkt zu wechseln. Und irgendwann wird es ihm zu viel, irgendwann wird er sich ihre Rechte nehmen, sie missbrauchen, die Rechte, und wird sie schlagen, die Frau, ihr diesen ganzen Unsinn aus dem Leibe hauen. Mit jedem Schlag erhebt sich ihre Stimme in hallende Schreie, mit jedem schrillen Laut haucht sie ihm die Macht zu, nach der er schon so lange gelechzt hatte. Mit jedem Wimmern gibt sie ihm die Kraft noch mehr zu schlagen, und zu treten, und er ergötzt sich am Klang der brechenden Knochen. Bis er ihre Seele bricht, die ihr mit jedem Atmen durch die Lippen entflieht, in der Hoffnung, sich noch an irgendetwas zu klammern, sich irgendwie zu retten. Sie verliert die Fähigkeit zu schreien, nur noch ein Krächzen und Blut spukt sie. Er vernimmt nur noch die Farbe des Blutes, so rot, so wunderschön rot, wie die Farbe des Weines, des köstlichen Weines, des süßesten Tropfen. Aber ihre Tränen sind salzig, getrocknet, ihr Blut nur zäh, ihr Körper nur reglos. Dann kommt der Schock, eine Starre, eine Kälte, eine Hitze über ihn. Er leugnet, verabscheut, er realisiert.
Aber was bleibt, ist mein Spiegelbild, in einem Becken voll Blut, und ein Tshirt darin, unter dem einmal ein warmes Herz schlug. Am Tisch ertrinkt eine Fliege im abgestandenen Wein, ich sehe ihr zu und meine, ich hörte sie Hilfe schreien. Ich hebe das Glas, stoße mit der leeren Flasche an und weine. Cheers, auf das, was wir verloren haben.
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