Verlorenes System
Wir sind verloren in einem System, das nicht unseres ist. Weder deins noch meins. Niemandes. Keinem gehört es und keiner kennt’s. Wir alle schwirren wie kleine Insekten um eine helle Lampe herum und gehen zugrunde, wenn wir ihr zu nahe kommen.
Denn unser ganzes Leben fühlt sich oft an wie eine riesige Frage: Was ist der Sinn von alledem? Wer sind wir?
Trauer! Weinen, schreien, schluchzen? Kurz.
Glück! Malen, schreiben, tanzen? Lange.
Verunsicherung! Musik hören, Yoga? Ausgiebig.
Leere! WhatsApp, Instagram, Snapchat? Intensiv. Süchtig? !
Ist das jetzt der Sinn?
Sinnvoll?
Sind wir jetzt sinnerfüllt?
Wir möchten uns kurz vorstellen: Familie Tristesse. Verunsichert in jeder Situation. Traurig aufgrund von Dingen, die gar nicht Realität sind. Ängstlich bevor wir überhaupt probiert haben. Verbarrikadieren uns mit „How I Met Your Mother“ in unseren Zimmern und sehen mit an, wie lustig das Studentenleben sein kann. Wie lustig das Studentenleben hätte sein können. Fünf Freunde fürs Leben. Krisen stehen an der Tagesordnung. Spätestens in der darauffolgenden Episode ist davon aber keine Rede mehr. Wir wünschten, auch unser Leben wäre in Folgen geteilt, mit absehbarem Ende und vorhersehbarem Neuanfang. Wir nehmen ein bisschen etwas von dieser lockeren Dynamik in uns auf – weckt in uns den Wunsch zur Nachahmung. Doch schon ein paar Stunden später merken wir wieder, dass die Realität uns einholt. Wir können nicht die Unbekümmerten spielen. Können unserer eigenen Wirklichkeit nicht entfliehen. Werden immer unsicher bleiben – und das reicht schon in unseren Gedanken, um traurig durchs Leben zu gehen. Wir heißen schließlich Tristesse, nicht Bonheur. Und das nicht ohne Grund.
Vor lauter Flucht vor dem Realen: Haben wir eigentlich jemals ernsthaft miteinander gesprochen? Sind stumm und hoffen. Denken nach. Erfüllung? Sinn? Wir wissen alle, dass es Zeit wäre. Zeit wäre für einen Neuanfang. Nur niemand traut sich, es auszusprechen. Keiner will sich mit der Realität auseinandersetzen. Wir alle sitzen lieber vor unseren Schirmen. Binge-Watching. Von „Riverdale“ bis „13 Reasons Why“, von „Supernatural“ bis „Orphan Black“. Bilden uns ein, wir würden das Leben der Protagonisten führen und agieren ganz nach ihren Schemata. Wie stumpfe Roboter. Roboter, die nicht nachdenken, was sie tun. Surfen auf Facebook, Instagram, Snapchat und Youtube. Vor lauter Hashtags, Posts, Storys und dem Drang nach Followern und Likes haben wir den Anschluss zu unserer realen Community verloren. Wir sehen bloß, wie „erfüllt“ andere sind, wohingegen das eigene Leben an uns vorüberzieht. Vorüberzieht wie eine Meeresbrise. Man würde sie gerne einfangen, weil es sich gar so schön anfühlt, so gut riecht, so erfüllend scheint. Aber sie entwischt uns. So wie das Leben uns davonläuft. Wir müssen es einfangen, es catchen. Damit unsere existence wieder nice am been ist. Wir alle wünschen uns 1 nices life. Dafür gibt‘s unfortunately keinen Lifehack. Dann halt in real. Aber haben wir das je gelernt?
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