Verrückt genug?
Scherben. Scherben sind scharf, hart und sie haben Kanten – sie können dich verletzen und deine Sicht trüben. Sie können dir jahrelanges Pech bringen.
Ich bin eine Scherbe…
Blut rann über ihre Hände als sie zitternd aufstand.
„ Bitte…lasst mich hier raus! Ich bin unschuldig! Sie ist an allem Schuld!“, sie hämmerte gegen die weißen Wände des Raums.
Kennst du das Gefühl, wenn etwas auf deiner Lunge liegt, du schreien willst, aber es nicht kannst?
Bald würde es soweit sein. . .
„Hey Baby“ Er schlang die Arme um ihren Körper, zog sie in eine Seitengasse und sie rauchten. Ihre Sinne wurden getrübt ehe sie lachte und sich gegen die Mauer lehnte. „Was hast du heute noch vor?“, fragte sie und sah zu ihm hoch.
„Lust auf einen Banküberfall?“ Er grinste.
Die Worte hallten in ihrem Kopf als sie sich erinnerte und in der Gummizelle ihren Kopf mehrere Male gegen die Mauer donnerte.
Sie hatte sich überreden lassen und es war ein Fehler gewesen. Das war nicht sie in dem zerbrochenen Spiegel, eine Scherbe passte nicht.
Schüsse fielen, und mehrere seiner Kumpels wurden verletzt während er fliehen konnte – sie wurde jedoch erwischt. Seit dem Gymnasium war sie in ihn verliebt. Er war ein böser Junge und sie war naiv und leichtgläubig – die perfekte Komplizin und dennoch hatte er sie nie geliebt.
Sie war nicht genug für ihn und die anderen. . .
Der Alarm ertönte als sie auf den Überwachungskameras der Anstalt gesehen wurde und weglief. Sie rannte so schnell sie konnte. Als sie an der frischen Luft war und in den nahegelegenen Wald lief, aus Angst von den Wärtern vergewaltigt, misshandelt oder wieder gefangen zu werden, musste sie feststellen, dass es Winter geworden war.
Sie lief barfuß durch den Schnee, wobei ihre Füße von Steinen, Ästen und Scherben eines kaputten Fensters der Anstalt zerkratzt wurden. Sie sah Schatten durch den Wald huschen, die ihr Dinge zuflüsterten. Sie lachte während sie lief – es war ein trauriges, verlorenes und einsames Lachen. Sie tanzte in dieser Nacht mit ihren inneren Dämonen, es waren jene, vor denen sie als Kind Angst hatte.
„Ich bin nicht verrückt. Ich habe nur eine andere Ansicht der Dinge – ich sehe das Licht, die Dunkelheit und Schatten. Mein Leben…das aus Gewalt, Hass, und Lügen bestand, schmilzt langsam im Schnee dahin während meine Haut sich anfühlt als würde sie verbrennen“
War das Leben nicht auch wie eine Flucht? Manchmal wurden einem Steine in den Weg gelegt und oft tat es weh wenn man auf diese trat aber doch brauchte man genug Mut um weiterzulaufen…
Erschöpft und von der Kälte zitternd kam sie zu einem See, das Wasser war rot wie Blut und auf der anderen Seite war eine Hütte. Er stand dort im Schnee, grinste und streckte eine Hand nach ihr aus.
Sie lief auf ihn zu und ließ sich in das Wasser fallen. Ich liebe dich – ich werde es immer tun. Sie sah, wie das Licht der Sonne das Blut im See durchbrach, es war warm und sie fühlte sich geborgen wie einst in seinen Armen. Man fand sie Tage später im Wasser treibend.
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