Verschwommene Sicht
Regentropfen rasen die Fensterscheibe hinab. Im komplett schwarzen Raum, in dem ich mich befinde, gibt es keine Tür, keinen Ausweg, kein Entkommen. Ich bin gefangen in meiner eigenen Welt. In meiner eigenen Realität, wo farblose Tage draußen hinter der Scheibe sich immer wieder zu wiederholen scheinen, ein Kreislauf wie vom Teufel persönlich gemacht. Ganz alleine stecke ich in diesem grauen Loch.
Kommt mir jemand zur Hilfe? Wo ist mein Held? Wo bleibt mein Retter?
Mein Kopf dreht sich wieder zu meiner einzigen Beschäftigung.
Ich beobachte die glänzenden kleinen Perlen. Der Himmel scheint so grau, aber ich kann es nicht genau erkennen.
Mit zusammengekniffenen Augen starre ich in die Ferne. Meine Nase berührt die kalte Fensterscheibe, ein Atemzug und das Glas beschlägt.
Ein Schatten huscht an meinen Augenwinkel vorbei.
Ist da etwas da draußen? Habe ich Angst? Soll ich mich verstecken?
Irgendwoher kenne ich diese Person. Ich kenne die Art wie er geht, was er tut, wie er reagiert.
Alles ist verschwommen, dennoch kann ich ihn sehen.
Er bleibt stehen und dreht sich in meine Richtung.
Fünf Meter trennen uns. Ich sehe seine Umrisse nun einiges besser.
Vier Meter trennen uns. Ich erkenne seine blaue Hose und das grüne Hemd.
Drei Meter trennen uns. Ich erkenne die Haare, die durch den Regen, nass an seinem kantigen Gesicht kleben.
Zwei Meter trennen uns. Ich erkenne die kastanienbraunen Augen, in denen ich früher so oft versank.
Ein Meter trennt uns. Ich erkenne die Liebe meines Lebens.
Es wirkt als würde er an mir vorbeischauen.
Kannst du mich wirklich sehen?
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