Verwegen
Ein Pfad, der nur geradeaus führt, und ein Mann, der diesem ein ganzes Leben lang folgt und nicht nach rechts und links blickt. An einer Stelle bleibt er stehen, denn etwas abseits von seinem Pfad steht eine Frau mit Kindern. Er schaut sie an und findet sie wunderschön, doch sie steht nicht auf seinem Weg. Er überlegt, sich für sie anstelle seines Pfades zu entscheiden, und doch sieht er am Ende seines Weges ein helles Licht und eine glorreiche Zukunft als Gründer seiner Firma, er sieht sich als wohlhabenden Mann der, sobald er am Ende seines Pfades, im hellen Licht, angekommen ist, in Frieden Abschied nehmen kann. Doch auf seinem Pfad sieht er keine Familie. Er entschließt sich weiterzugehen und so vergehen die Jahre. Mittlerweile ist er alt geworden, hat seine Firma gegründet und wie vorhergesagt eine Menge Geld verdient. Er schaut geradeaus und steht vor dem Licht. Er ist bereit zu gehen, dennoch nagt etwas an seinem Gewissen. All diese Jahre, die er nach Plan gelaufen war, hatte er niemanden an seiner Seite, er hatte niemanden, bei dem er sich verabschieden konnte. Sein Weg war der eines Geschäftsmannes, und trotz seines Erfolges und perfekten Lebens hatte ihm immer etwas gefehlt, denn hätte er diesen Schritt ins Ungewisse gewagt, was wäre aus ihm geworden? Trotz dieser Gedanken macht er seinen letzten Schritt in diesem Leben und trifft auf der anderen Seite des Lichts auf einen Mann. Dieser Mann startete auf demselben Pfad, doch anstatt des geraden Wegs, auf dem er denselben Erfolg erreichen hätte können, entschied er sich dagegen. Er ging nicht auf die Universität, sondern auf Reisen. Und als er an der Stelle, an der die Frau und die Kinder standen, angelangt war, war auch er im Zwiespalt. Aber diese Frau und die Kinder waren ihm wichtiger als der Erfolg, und so nahm er erneut einen anderen Weg. Er zog mit seiner Frau und seinen Kindern nach Italien und wurde ein Olivenbauer, denn genau das hatte er sich schon seit seiner Kindheit gewünscht. Doch bald schon verstand er, warum dieser Pfad nicht leuchtend hell war wie der eines Geschäftsmannes. Er scheiterte und musste sich einen zweiten Job besorgen, um für alle Rechnungen und Sorgen der Familie aufkommen zu können. Doch trotz all dieser Anstrengungen und oftmals harten Zeiten hatte er immer ein Zuhause, zu dem er zurückkehren konnte, eine Familie, die im sofort ein Lächeln ins Gesicht zauberte. So führte er ein schweres und dennoch sehr glückliches Leben. Als es an der Zeit war dieses Leben zu verlassen und durch das helle Licht zu gehen, dachte er noch einmal an alle seine Entscheidungen zurück und er überlegte sich, ob der Weg, eine Familie zu gründen, ein Fehler gewesen war, doch diesen Gedanken schlug er sich wieder aus dem Kopf, denn er hatte ein wunderbares, glückliches Leben geführt und war bereit es zu verlassen. So tat er seinen letzten Schritt auf dem Pfad und trat mit einem Lächeln auf dem Gesicht durch das Licht. Und trotz ihrer beider Zweifel lag ein erfülltes Leben hinter ihnen.
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