Vielleichtvon Fanny Koelbl
Und dann war ich fort, im Herbst–
fort von der Vorstadt, deren Straßen gesäumt sind
mit Häusern aus Stein, in welchen hängt
in den Räumen die Kälte –
Ich war fortgegangen, hingekommen zu einem Himmel
hellblau und leuchtend, der erstreckte sich
bis in die Ferne.
Breite Straßen zogen sich
nach Norden zu den Bergen und
gegen Süden zum Meer und
verwandelten sich in verschlungene Küstenpfade,
die mich brachten zu Buchten
mit feinem Sand und rauschenden Wogen sich an den Klippen brechend.
Als sich das Jahr dem Ende zuneigte,
tanzte ich mit Fran barfuß den Strand entlang.
Die Luft wehte lau übers Meer, uns entgegen;
wir warteten bis die ersten Feuerwerkskörper in die Luft schnellten,
einen violett-grünen Schauer über uns versprühten,
ehe wir uns übermütig in die Arme fielen.
Im Winter, als es manchmal regnete,
aber öfter noch die Sonne schien,
im Winter, als wir konnten
was wir wollten,
als wir hinabfuhren zur Küste,
wo Feuer brannten im Sand und –
Musik in unseren Ohren dröhnte,
als es kälter wurde und wir uns alle
in Autos zwängten und wegfuhren,
irgendwohin –
Hinauf, von wo aus wir die Weite überblickten,
das Meer im Süden, die Berge im Norden
und alles schien so unendlich und –
war es doch nicht.
Und dann eines Tages, im Frühling, ganz plötzlich,
fernab der Buchten und weit weg von wogenden Wellen,
fernab der brennenden Küste und fort von Fran.
Nicht mehr gehen können,
weit weit weg,
bleiben müssen.
Wieder fragen, wieder sehnen,
was vielleicht wartet in der Fremde.
Wieder im Sand die Zehen vergraben,
wieder sehen den azurblauen Himmel, vielleicht
wieder spüren die kühlende
nächtliche Luft in den Lungen;
Atmen immer weiter, wieder
hören die tausenden Stimmen
des Tages, der Nacht und
widergespiegelte Gesichter,
Geschichten, Geheimnisse wieder und wieder
berührt, erzählt und verraten.
Wieder lauschen dem Murmeln,
dem Kreischen,
dem Schluchzen, dem Rufen auf Straßen und Plätzen.
Wieder hoffen zu reden, zu streiten
zu lieben zu küssen
zu tanzen – vielleicht
im Sommer
ist es ein zaghaftes Treten, kaum kann man es Tanzen nennen;
ein Fuß vor den anderen, als ob es das erste Mal wäre,
zu schreiten zur Musik –
Die fließt aus Lautsprechern, aus kleinen,
ganz winzigen, ganz leise;
Wir wissen noch, wie es geht, das Tanzen,
auch wenn wir geglaubt haben –
Es vielleicht zu vergessen,
wenn wir aufhören, Fuß vor Fuß zu setzen und
Schritt für Schritt weiterzugehen
weiterzutanzen irgendwohin, aber wohingenau –
das wissen wir nicht, heute, im Herbst.
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