Voller Tatendrang
Die heiße Luft strömte in sein Gesicht. Das war der Moment, auf den der alte Entdecker schon so lange gewartet hat. Voller Vorfreude, aber auch voller Unwissenheit ging er in großen Schritten auf den Ort zu, an der sich die Lichtung befinden sollte. Noch befand er sich in einem Dschungel, in dem die Rufe von Insekten das Geräusch seiner Fußschritte übertönten und in dem das feuchte Klima die Reise erschwerte. Das alles hinderte ihn trotzdem nicht daran, weiterzusuchen. Es dauerte sehr lange aber nach mehreren anstrengenden Wochen fand er das, nach dem er sein Leben lang gesucht hatte: eine unspektakuläre Lichtung, einen reißenden Fluss und den besagten Tempel . Der Tempel befand sich hinter dem reißenden Fluss und man konnte gut erkennen, wie sich die Natur das Gebäude aus grauem Stein durch das Zuwachsen mit Pflanzen zurückeroberte. Es gab nur noch ein Problem: den Fluss. Der Entdecker wollte nicht länger warten, gleichzeitig wollte er aber auch nicht sein Leben riskieren und den Fluss überqueren. Denn das Gewässer hatte nicht nur gefährliche Strömungen, es befanden sich auch ausgehungerte Krokodile in ihm. Der schon fast verzweifelte Mann beschloss sein Lager aufzubauen und eine Nacht darüber nachzudenken.
Am nächsten Morgen entschied er sich doch, den Fluss zu überqueren. Er jagte Tiere, die die Krokodile ablenken sollten und höhlte einen Stamm aus, in dem er über den Fluss paddeln wollte. Der Plan war zwar sehr riskant, aber die einzige Möglichkeit, die er hatte. Nachdem er alle Vorbereitungen getroffen hatte, war ihm klar, dass nun alles perfekt funktionieren musste. Er köderte die Krokodile von einer ruhigeren Stelle im Fluss weg und setze sich mit weichen Knien in den Baumstamm. Die Krokodile waren kein Problem für ihn, doch der Fluss trieb ihn stromabwärts und gleichzeitig floss Wasser in das Boot und brachte es zum Kentern. Die ganze Entdeckungsreise schien zu scheitern. Wie durch ein Wunder schaffte der Professor es das andere Ufer zu erreichen. Nun war er seinem so langen ersehnten Ziel so nahe wie noch nie.
Nach einigen Wochen, die er mit dem Besteigen des Tempelhügels verbrachte, hatte es endlich ein Ende. Er stand vor den Türen der Schatzkammer. Alles schien perfekt zu sein. Er zerschlug mit seiner Machete die Lianen, welche die prunkvoll verzierte Tür überwucherten. Mit weichen Knien und Schweiß auf der Stirn zog er an der Tür und erblickte: Nichts, denn die Schatzkammer war leer. Der Entdecker war enttäuscht. All die Mühe war umsonst. Traurig, wütend und enttäuscht setzte sich der Mann auf den Boden. Während er da so saß, dachte er über einige Dinge nach. Er fragte sich, was er tun solle, wenn er mit leeren Händen nach Hause kommt. Aber umso mehr er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass der größte Schatz eigentlich die Reise mit all den schönen, aber auch gefährlichen Momenten, die verschiedenen Kulturen die er kennenlernte, das monatelange Suchen und all die anderen Eindrücke, war.
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