Von Mut und Übermut
Vor einigen Jahren in den Sommerferien flog ich in den Urlaub. Dies ist nichts Außergewöhnliches, wenn man bedenkt wie viele jährlich in den Urlaub fliegen. Doch in diesem Jahr war es für mich etwas Besonderes. Nicht meine Familie, sondern ein paar meiner Freunde flogen mit mir. Es kostete mich viel Mut und Überwindung mitzufliegen. Als wir an unserem Ziel ankamen, gingen wir zu dem Hotel. Wir vier Freunde unterhielten uns prächtig. Moment alle vier Freunde? Nein. Einer, ich nenne ihn mal Karl, ist gehörlos. Sein Leben besteht aus sehen, fühlen, riechen und schmecken. Nicht hören. Trotzdem ist er der mutigste von uns. Als er ohne Eltern wegflog, hatte er keine Angst, obwohl er im Leben noch nie geflogen ist. Wieso hatte er keine Angst? Die Frage stellten wir uns oft. Wir fragten ihn das. In Gebärdensprache natürlich. Eine Antwort konnte er uns nicht geben.
Eines Tages in unserem „Freundesurlaub“, gingen wir wandern. Wir vernahmen einen wunderschönen Wald mit all unseren Sinnen. Außer Karl. Er hörte nicht die Vögel zwitschern oder das Laub rascheln. Wir legten eine Pause ein und aßen unsere Butterbrote. Nach der Pause wurden wir übermütig. Wir rannten bergab, sprangen über Wurzeln und kletterten auf Bäume. Alle außer Karl. Ja, er der Mutige, machte nicht mit. Er rannte nicht, er sprang nicht und kletterte nicht. Doch wieso? Hatte er angst? Nein. In Gebärdensprache teilte er uns mit: „Zwischen Mut und Übermut ist ein Unterschied. Eine mutige Person überwindet sich, während eine übermütige sich in Gefahr begibt.“
Einige Tage später gingen wir Fallschirmspringen. Es gibt kaum eine Sportart, die mehr Überwindung kostet, als diese. Wir sprangen aus einem Helikopter. „3! 2! 1! SPRUNG!“ dies waren die Worte unseres Fallschirmlehrers. Karl schaute auf uns und sprang mit uns ab. Während dem Fall, hörte ich einen lauten Schrei. Ich sah mich um. Karl gelang ins Strudeln. Er hatte versucht ein Kunststück zu machen. Ich war verwirrt. Eine gehörlose Person die schreit und gleichzeitig eine Person ist, die Mut von Übermut besser unterscheiden kann als fast jeder andere Mensch. Zum Glück bekam er den Fallschirm unter Kontrolle.
Nach diesem Erlebnis war Karl anders. Er war unmutig und ängstlich. Doch ein gutes hatte es. Er hat etwas geschafft, was er vorher nicht geschafft hatte: einen Laut von sich zu geben.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX