vorbestimmt

Hier, bei Wind und Wasser, hier ist mein Zuhause. Bei Wolken und Unwetter, bei Menschenmenge und Einsamkeit. Wo die Böen das Meer zerstäuben, wo ein Vogel am Himmel gleitet, da fühle ich mich selbst zum Vogel werden und den Wind von meinem Körper Besitz ergreifen.

Kalte Meeresluft umströmt meine gefiederten Glieder, tiefer und tiefer falle ich in den finst’ren Himmel hinein. Ich erkenne einen neuen Geschmack auf meiner Zunge, die Sturmböen schlagen gegen meine Flügel und es schmeckt nach Salz, Kälte und Ungebundenheit.

Meine aufgewühlte Seele segelt mit den Möwen über den Wasserspiegel. Wir fliegen gemeinsam ins Gewitter, in die fernen, dunklen Wolken, die die rote Sonne am Horizont verschlucken. Die Sonne ist untergegangen und blutet in den Himmel, eine Beute, die von Raubtieren gerissen wurde.

Das Dröhnen der MSC Fantasia, das riesige, weltenverschlingende Kreuzfahrtschiff, wird lauter und vermischt sich mit dem Rauschen des Sturms zu einem allumfassenden Orchester. Minuten voller Musik, gegrölter Abschiedsgrüße, Blitz und Donner vergehen, bis die MSC Fantasia ablegt, und trotz der schier unglaublichen Mengen an Schweröl, die sie verbrennt, ist sie unfassbar schön anzuschauen und erfüllt mich mit einer beinahe kindlichen Freude und Euphorie.

Sie reist den Sonnenuntergang entgegen, direkt auf die verblutende Sonne zu, sie hat ihre Beute fest ins Auge gefasst. Kleiner und kleiner wird der Stahlgigant am Horizont, und die Wellen stäuben auf. Schemenhaft winzige Flotten an Fischen schickt der Wind über die Wasseroberfläche, mit bloßem Auge kaum erkennbar.

Eine kleine Stadt auf dem Wasser macht sich auf den Weg. Die Sturmwolken folgen ihr auf dem Fuß, während ich noch immer in einer Gewitterwolke bade, erst wild umhergeworfen von der Kraft der Gezeiten, dann bald ruhig dahingleite im Auge des Sturms.

Ich fühle, als wäre, dass ich hier sein muss, vorbestimmt.