VORURTEIL
Schon immer war es da, dieses Wissen, dieses Hintergrundwissen. Ich meine. . . eigentlich hab ich das nie in der Schule gelernt. Von wo kommt sie dann, diese Kenntnis über Dinge, die man selbst nie erlebt hat? Die einen nennen es Erfahrung, die weitergegeben wird. Die anderen bezeichnen es ganz anders : Vorurteil. Klar weiß ich, dass Welten zwischen beiden Begriffen liegen und dass man in einem Aufsatz Erfahrungen und Vorurteile nie als Synonyme verwenden sollte, doch irgendwie geschieht das trotzdem. Das Schlimmste ist es ja, wenn Leute aus einer schlechten Erfahrung heraus eine allgemein schlechte Meinung über ein Thema bilden, also ein Vorurteil entstehen lassen. Bei kleinen Dingen, wie bei der Wahl eines Restaurants oder dem Kauf von Kleidung, schränken wir mit Vorurteilen lediglich uns selbst ein. Doch was ist mit den großen, den wichtigen Entscheidungen, Entscheidungen mit denen wir andere beeinflussen? Blenden wir dann Vorurteile bewusst aus oder können wir das gar nicht, weil sie sich schon verinnerlicht haben? Selbst Albert Einstein sagte : "Der gesunde Menschenverstand ist nur eine Anhäufung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat. ". . . Naja, vielleicht ist das ja auch übertrieben und Vorurteile lassen sich kontrollieren, bewusst kontrollieren. Jedenfalls schweife ich wieder ab, denn alle anderen schlafen schon. Seitdem ich hier im Camp bin, habe ich auf einmal viel mehr Zeit, um nachzudenken. Meistens denke ich über ganz alltägliche Dinge nach, wie jetzt über Erfahrungen und Vorurteile. Dabei entdeckt man immer so viele bislang verborgene Details im Umgang mit seinen Mitmenschen. Ich hoffe nur die anderen hier haben keine Vorurteile gegenüber mir. . .
Jetzt, wo einige Tage vergangen sind und ich mir diese Gedanken noch einmal durchgelesen habe, kommt es mir plötzlich ganz widersinnig vor. Ich meine, allein das Wort Vorurteil drückt schon diese Angst aus, diese Furcht vor dem Fremden, vor dem anderen, vor dem was über das eigene hinausgeht. Diese Angst vor der Gefahr des Individuellen, dessen, was jemanden erst zu einer Persönlichkeit macht. Ich meine, erst jetzt wird mir klar, wie dumm es ist Eigenheit und Charakter aufzugeben, nur um einem Vorurteil zu entrinnen. Diese Erkenntnis ist viel wichtiger als der bloße Gedanke an Minderwertigkeit. Dies ist eine Kampfansage an alle Vorurteile! Denn ich selbst kann Vorurteile vernichten, indem ich mich nicht anpasse, sondern meine eigene Persönlichkeit vertrete. Das ist Mut, das ist Stolz, das ist Neuland!
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