Wanderung
Nur noch fünf Minuten, bald bin ich zuhause, nicht mehr lange, bis ich etwas gegen diese furchtbaren Kopfschmerzen unternehmen kann. Meine Schritte wurden allmählich schneller, während die Vorfreude auf mein gemütliches Bett wuchs. Mein Zuhause war ein kleines Haus am Rande des Waldes, und ich hatte mich sehr darauf gefreut, nicht mehr in der Großstadt zu wohnen. So wie an diesem Dienstagmorgen konnte ich nun entspannt kurz vor Sonnenaufgang eine Runde laufen gehen. Viele würden sich nicht trauen, im Dunkeln in den Wald zu gehen, aber ich genoss es. Die Ruhe und der Frieden im Wald waren unglaublich
entspannend.
Ich erreichte die Kreuzung und bog nach links ab. Nur noch zwei Minuten, dann wäre ich zuhause. Gott sei Dank! Gott sei Dank! Obwohl es mich normalerweise nicht störte, alleine im Wald zu sein, fühlte ich mich dieses Mal seltsam beobachtet, nicht verfolgt, sondern von allem umgeben, als ob der Wald selbst mich beobachtete. Jedes nachtaktive Tier, jedes Insekt, sogar die Bäume schienen aufmerksam auf mich zu achten. Die Blätter raschelten im Wind, und langsam bekam ich Angst, obwohl ich wusste, dass niemand hier war, nicht einmal tagsüber.
Meine Schritte wurden schneller, und dann blieb ich plötzlich stehen. Zögernd warf ich einen Blick auf die Uhr. 10 Minuten waren vergangen, seitdem ich abgebogen war. War es nicht nach rechts? Hatte ich mich verlaufen? Ich drehte mich schnell um und lief zurück zur Kreuzung. Anfangs war es nur ein langsames Joggen, doch je länger ich lief, desto schneller wurde es, bis ich schließlich wieder bei der Kreuzung ankam. Ich atmete tief durch und wagte mich diesmal in die andere Richtung.
Abermals schaute ich auf die Uhr, als ich weiterging. 20 Minuten waren vergangen, seitdem ich das letzte Mal auf die Uhr geblickt hatte. Ich redete mir ein, dass ich mich vorhin vertan hatte, und setzte meinen Lauf fort. Ich lief und lief, doch der Wald schien kein Ende zu
nehmen. Schließlich blieb ich erneut stehen und blickte auf die Uhr. Es war eine Stunde vergangen. Hat dieser Weg denn kein Ende? Ich hatte mich wohl verlaufen, doch der stechende Schmerz in meinem Hinterkopf wurde immer schlimmer. Das Seltsamste war jedoch, dass es immer noch dunkel war, obwohl die Sonne vor einer Stunde hätte aufgehen sollen.
Ich konnte nicht aus dem Wald hinausfinden, die Sonne ging nicht auf, und mein Kopf schmerzte unerträglich. Mir wurde schwindelig, und ich setzte mich auf den Boden, den Kopf in den Händen vergraben. Als ich meinen Kopf hob, sah ich mich selbst auf der anderen Seite des Weges im Gras liegen. Doch etwas stimmte nicht. Ich betrachtete den Körper im Gras genauer und bemerkte den Unterschied zwischen mir und der Person dort. Die Haare waren verklebt und hatten einen rötlichen Unterton. Doch am beunruhigendsten war die Wunde in der Stirn - ein Loch.
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