Was ist Genug?
Genug. Ein hartes Wort. Von uns Menschen verwendet, um Dinge zu beenden. Ein Wort, um Freundschaften zu beenden. Ein Wort, um alles zu beenden. Doch auch eines, um Überfluss zu signalisieren. Um deutlich zu machen, dass man nicht viel braucht, dass man genügsam ist. Ein Wort, um Enttäuschung auszudrücken. Ein Wort, das nichts ausdrückt. Ich habe genug. Es genügt jetzt. Es ist nicht genug.
Eine Frage, mit der wir zeigen, dass wir nicht mehr wollen. Eine Frage, mit der wir andere unglücklich machen können. Wann ist genug genug? Wann haben wir genug von genug? Wann genügt es uns? Warum tut es das nicht? Keine dieser Fragen lässt sich gründlich genug beantworten, um beantwortet zu sein. Es ist nicht genug.
Ein Wort der Einsamkeit. Wer mit genug reist, bekommt nichts Neues. Wer genug hat, wird in Ruhe gelassen. Wer nicht genug bekommen kann, hat nie genug. Wem es nicht genügen kann, erkennt nie die Herrlichkeit der Genügsamkeit. Habe ich genug? Es ist nicht genug.
Doch genug ist auch ein Wort der Freude. Ich habe genug, um Schönes zu tun. Ich habe genug, deshalb teile ich wie Moses mein Wasser. Habe ich von etwas genug, so habe ich es zur Genüge getan und meinen Spaß daran gehabt. Manche haben nicht genug. Doch manche haben mehr als genug. Manche wollen nicht genug haben, doch dieses Wort lässt sich nicht beherrschen. Hat man genug, so hat man genug. Es ist genug.
Doch all das kann man bereits am Wort ablesen. Genug beginnt mit einem großen runden „G“. Wenn man das „G“ als Behälter sieht, kann man nur begrenzt viel hinein füllen. Irgendwann ist es genug und geht über. Darauf folgt ein kleines „e“. Dies symbolisiert die Abschottung von anderen. Doch das auch nur, wenn man von ihnen genug hat. Diesem kleinen „e“ folgt ein kleines „n“. Dieses sieht aus wie ein Glas, das auf dem Kopf steht und etwas einsperrt. Folglich steht das kleine „n“ deshalb stellvertretend für die Begrenzung. Denn sobald wir von etwas genug haben, begrenzen wir seinen Zufluss, und grenzen uns von ihm ab. Doch darauf, folgt ein offenes und volles kleines „u“. Welches aussieht, als würde es mit Freuden alles was da kommen möge in sich aufnehmen. Das Wort genug endet schließlich mit dem Buchstaben, mit dem es begann. Mit einem „g“. Natürlich endet es so, denn haben wir einmal genug von genug, fängt der Kreislauf von vorne an.
Genug. Wann ist etwas genug? Wann ist es gut genug? Genug liegt im Auge des Betrachters. Ich hab genug. Doch ist es auch für Sie genug. Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich zur Genüge.
Jetzt ist genug.
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