Wasser, der Zaubertrank gegen Feigheit
Der erste Teil war geschafft. Er war leicht, leichter als gedacht. „Alohomora“, murmelte Vitória, schwang ihren Zauberstab, doch das Tor bewegte sich keinen Millimeter. „Das Tor ist bestimmt von den Professoren verzaubert worden und unmöglich mit einem normalen Entsperrungszauber zu öffnen“, erklärte Gabriela und führte einen Zauber aus, den Vitória noch nie gehört hatte. Plötzlich bewegten sich die Bäume neben den Zweien und bildeten eine Brücke über die Steinmauer. „Ich habe Angst vor der Zukunft und vor Veränderungen. Wenn ich den Trank endlich trinke, habe ich endlich genug Mut für die Abschlussprüfungen auf Castelobruxo und das Leben danach.“ Während die beiden in den verbotenen Teil gingen, erzählte Gabriela ihrer Schwester den Grund für ihr Handeln. Jetzt war es ihr klar. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen, was vor einigen Tagen geschah.
„Aber Gabriela, das kannst du nicht machen!“ Vitória, Gabrielas kleine Schwester rannte dem 17-jährigen, brasilianischen Mädchen nach, die fest entschlossen in Richtung des großen Wasserfalls hinter der Zauberakademie Castelobruxo marschierte. „Du weißt genau, dass dieser Bereich des Regenwaldes nicht betreten werden darf! Und ich bin mir sicher, dass du für das Verschwinden der Schumpelfeigenfasern aus dem Kräuterkunde-klassenzimmer und der Mammuthaaren aus dem Zaubertrankzutatenlager verantwortlich bist.“ Daraufhin blieb die Schülerin stehen, drehte sich um und sah der 11-Jährigen in deren Augen. Diese sah sofort, wie sehr ihre Schwester verzweifelt war und unbedingt das Wasser im Dschungel trinken will. „Okay, ich komme mit und helfe dir auf dem Weg, aber dafür sagst du mir, warum du den Zaubertrank des unendlichen Mutes unbedingt brauen willst.“ Schließlich machten sich die zwei Mädchen auf den Weg zum Wasserfall, dorthin wo anscheinend das magische Wasser entstanden sein solle, das jeden Tropfen Feigheit im Blut zerstörte.
Der Pfad durch den zweiten Abschnitt war viel schwerer. Sie begegneten Sphinxen, die ihnen komplizierte Fragen stellten, Acromantulas, die sie aus dem Hinterhalt angriffen und gefährlichen Pflanzen. Doch jede Gefahr bewältigten die Mädchen im Team mit Gabrielas Talent im Zaubern und Vitórias logischen Denken. Schließlich kamen Sie an den Wasserfall. Gabriela nahm aus ihrer Tasche einen Kelch, die Fasern der Schrumpelfeige und das Mammuthaar. Sie hielt den Kelch unter den Wasserfall bis er halbvoll ist, gab die Fasern und das Haar hinein. Als sie einen Schluck nahm, fragte Vitória: „Spürst du schon was?“ „Nichts. Ist das etwa ganz normales Wasser?“ „Ja,“ Professor Dourado, die Schulleiterin, kam hinter dem Wasserfall heraus, „ganz normales Wasser.“ „Dann gibt es den Zaubertrank gar nicht?“ „Nein und Ja. Das Wasser ist ganz normal, doch mit dem Gedanken, dass es magisch sei, kann es Wunder bewirken. Hoffentlich habt ihr beide bemerkt, dass ihr mutiger seid als ihr meint und dass ihr beide alles zusammen schaffen könnt.“
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX