Weg von hier
Wir kommen an mit unseren Koffern fest in der Hand gedrückt. Taschen um die Schultern geschwungen, Rucksäcken am Rücken schleppend und unsere Papiere in der anderen freien Hand umklammernd. Natürlich ahnt niemand von uns, was kommen würde. Niemand kann es ahnen. Natürlich haben wir alle versucht uns dies oder jenes dieses seltsamen Landes auszumalen, doch wer könnte uns tatsächlich etwas beibringen. Wie denn auch, so würde uns später natürlich viel klarer werden.
Statt Erwartungen sei Enttäuschung, so hieß es, was wir fühlen würden. Bitterkeit. Schmerz. Wir wissen es doch. Diese Stimmung in der triefnassen Luft hier, die einem den Schweiß den Rücken hinunter strömen lässt, nährt sich, wächst, unausweichlich, bereit auch nur jeden Schimmer an Enthusiasmus kalt zu ersticken, diese Luft. Wir warten. Auf die Anderen, die langsam eintrudeln. Natürlich.
Ich versuche, mich ins Gespräch einzubauen. Wie immer, es gelingt mir nicht. Selbst an Orten wie diesem, den wir alle nie zuvor betreten haben, ich schwimme wie Schaum auf dem Gemenge der Gruppe. Ungeachtet jeder Agitation unfähig, sich zu vermischen. Ich fühle mich überfordert. Wie können diese Menschen sich jetzt und gerade über derartige Belanglosigkeiten austauschen, durchschießen mich diese Fragen innerlich wie das äußerliche Gerede. Wie können sie hier, in der Stunde dieses Wartens, dieses hoffnungsblassen, nervzerreibenden Wartens, sich unterhalten und dabei doch nichts sagen, scherzen und sich des Lebens freuen, ich verstehe es nicht.
Wir stehen immer noch. Dann, endlich, der erlösende Spruch. Der Bus sei da, wir könnten los. Los, bloß weg von hier, nichts lieber als das, doch nicht dorthin, wohin uns der Bus bringen wird. Weg, wieder zurück, nicht hier sein. Die Weite des Parkplatzes da draußen stößt mich um. Die Endgültigkeit, hier angekommen zu sein in Gedanken und die Unmöglichkeit einer Flucht – Flucht, nein, ein viel zu starkes Wort – schlägt auf mich ein wie eine Welle, die man schon von langem hinter sich herannahen gefühlt und dennoch ausgeblendet hat. Es werden später immer Wellen sein. Emotionswellen, die dich jedesmal aufs Neue umwerfen.
Wellen wie die Momente, wenn die Welt um dich herum es dir grausam vor die Augen führt, wie sie mit dir herumgespielt hat, wie sie dich gebeutelt und geworfen hat und dabei nur hämisch grinst, denn sie versteht es, du kannst ihr nicht entrinnen, du verstehst es auch, du kannst ihr nicht Einhalt gebieten, diesem Zustand, den du weghaben möchtest, er schwebt über dir wie ein Dämon, den du heraufbeschworen hast und dann nicht losbekommst.
Beschwörung. Wahl. All dies bringt uns hier zusammen. Kann man wohl so sagen. Wir schwören uns zusammen, schwören uns ein, auf das, was kommt. Wir hatten gewählt, nun sind wir hier. Ohne Angst, schlecht zu entscheiden, ohne Furcht. Und jetzt? Jetzt bin ich Gefangener unerbittlicher, starrer und sturer Seelen, die doch natürlich nur Schlechtes von mir wollen. Alle? Nur Schlechtes? Ja, aber sicher doch.
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