Weil der Himmel in Flammen steht
Hier gibt es keine Sieger, mein Schatz. Keine Verlierer. Bloß Monster.
Das Badezimmer liegt in Scherben und heißer Wüstensand wirbelt herein. Die Spuren der Bombe sind überall. Auch in deinem Herzen. Denn es pocht und pocht und pocht und fühlt sich doch so kaputt an, als ob es genau wie deine Welt in Scherben liegen müsste. Zerschlagen, geberstet, zerplatzt.
Kopf hoch, mein Kind, sie kommen bald. Monster. Vergiss nicht.
Du stopfst einige Dinge in deine Tasche hinein, dann schüttelst du den Sand von deinen Zehen und eilst weiter. So flink habe ich dich noch nie erlebt. Das Leben hat dir nie Grund zu Eile gegeben, aber jetzt mein Schatz… oh dein wertvolles Leben hängt von deiner Eile ab.
Ich sehe Tränen auf deinen schmutzigen Wangen, höre dein Schluchzen in den brüchigen Wänden und deinen einsamen Herzschlag in meiner Brust. Lass dir nicht die Sicht verschleiern, vergiss nicht, er kommt bald.
Plötzlich frieren deine Bewegungen ein. Erschüttert, wie die Erde unter deinen Füßen, bleibst du stehen. Dein Atem stockt.
Du hast unser Foto gefunden, nimmst es behutsam in deine Hände. Darauf sind du und ich, an einem fröhlichen Tag. Wir sind gesund. Wir sind glücklich. Heile.
Deine Tränen fließen wieder.
Alles in mir verzehrt sich danach sie zu trocknen, deine Stirn zu küssen und dich in meine Arme zu nehmen. Ich will den Schmerz lindern und dein kaputtes Herz wieder zusammenflicken.
Ich will dich behüten vor dieser grausamen, grausamen Welt. Aber du musst jetzt selbst dein Beschützer sein.
Eine Bombe zerfetzt die Erde, der Himmel brennt. Jemand schreit.
Beeil dich, mein Kind, sie sind schon nah. Monster, Unmenschen, Verbrecher. Er hat mich getötet… er wird auch nicht vor deiner Ermordung zurückweichen.
Die Hast kehrt in deine Züge zurück und du küsst das Foto, legst es so vorsichtig in die Tasche, als könnte die Erinnerung zerbrechen und schnürst sie zu. Dort drüben brüllen schon Männer; oh siehst du sie denn nicht? Sie stampfen durch Ruinen als gehöre ihnen die Welt.
Und dein Vater allen voran.
Lauf, mein Kind!
Ich schreie dich an. Du stürzt nach draußen, in die trockene Ewigkeit. Du kannst sie hören. Sie bringen deinen Kopf zum zerbersten und treiben die Panik in deine Venen.
Geh! Zöger’ nicht! Ich weiß - du hast Angst vor dem was kommen wird. Du stolperst in das Neuland hinaus und blickst dich nicht ein einziges Mal um.
Flüchte. Laufe. Lebe.
Mein Liebling, mein Kind, mein Schatz.
Du schaffst es außer Sichtweite, bevor sie das Haus erreichen. Ich bin stolz auf dich. Ich schwebe vor Erleichterung; Gesang erfüllt die Luft.
Ich bin mir sicher - niemand kann deinem Vater jemals verzeihen was er dir angetan hat. Dir deine eigene Mutter zu nehmen.
Doch vielleicht hättest du deine Meinung geändert, wenn du seine Miene gesehen hättest, als sie dich nicht fanden. Erleichterung stürzte über sein Gesicht, und ich fand Reue in seinen Augen.
Wobei ich glaube… nichtmal dann könnte man ihm vergeben.
Ich bete für dich, mein Schatz, ich wache über dich.
Ich liebe dich.
Vergiss nicht.
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