Weitervon Christina Unterberger
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Schon wieder stehe ich hier, blicke zum Himmel und erkenne die Kante, die mir die Sicht versperrt. Vor mir eine undurchdringliche Masse aus grauen Ziegelsteinen. Wenn ich zurückschaue, über meine Schulter hinweg, sehe ich den Weg, der einst neu für mich war. Hinter all den Entscheidungen, den Kreuzungen und Hindernissen verschwindet eine graue Silhouette im Nebel meiner Erinnerung. Ich führe meine Augen die Mauer entlang, suche nach einer Schwachstelle, einem Weg herum. Versuche die Höhe zu schätzen, doch die oberste Steinreihe ist nicht richtig zu erkennen. Es scheint keinen Ausweg zu geben. Die Mauer ist zu hoch, um zu klettern, zu weit, um herumzugehen und zu massiv, als, dass ich sie durchbrechen könnte.
Ich schließe meine Augen und lege meine Hand an die raue Oberfläche. Während mich eine Kälte, wie ein böses Omen, überkommt, schweife ich ab. Hinter die Mauer. Weit dahinter. So weit, dass ich die Kälte nicht mehr wahrnehme. Ich spüre Zufriedenheit, dass ich angekommen bin, endlich angekommen. Es fühlt sich an wie Heimat, wie ein neues Leben, wie das Ende einer Reise. In mir wird es leer. Das Ende. Die Kälte kommt zurück. Mein Herz schlägt schnell und meine Lungen brennen. Ich renne. Ich weiß nicht wohin, aber ich renne. Weg von der Mauer, weg von der Zukunft, weg von der Vergangenheit und weg von mir. Hindernis um Hindernis zieht an mir vorbei, ich renne, aber ich kann nicht weg. Alles holt mich ein, es umzingelt mich, kommt näher und ich bin allein. Ich friere. Ich spüre Erleichterung und Ruhe. Es ist, als würde ich schweben, über allem, was mich verfolgt hat, über allem, was geschehen ist. Mein Atem geht schnell und ich öffne meine Augen. Grau. Grau in Grau und ich falle. Falle und der Boden kommt näher. Immer näher. Ich zucke zurück, meine Hand immer noch auf den rauen Steinen. Vorsichtig hebe ich sie hoch, meinen Blick noch starr auf die Mauer gerichtet. Die Kälte entflieht.
Mit dem Rücken zur Wand stehe ich da und eine beängstigende Ruhe überkommt mich. Jeder hat Grenzen, denke ich, ist das hier vielleicht meine? Meine Füße geben nach und ich gleite an der Wand zu Boden. Ich erinnere mich an die Zeiten, in denen ich schon hier war, vor einer Mauer, mit meinen Gedanken schon weit hinter ihr. Ich sehe, wie ich es jedes Mal geschafft habe aufzustehen und ihnen zu folgen, wie ich Lösungen für Unlösbares gefunden hatte, nur um weiter zu kommen, nur um weitere Herausforderungen zu bestreiten, nur um weiterhin zu scheitern und wieder aufzustehen. Nun sehe ich mich, wie eine fremde Person, hier an der Mauer sitzen und aufgeben. Ich höre, wie diese eine Stimme meine Ruhe durchbricht, die mir einredet, dass ich nicht aufstehen muss. Ich sehe, wie es mich stört. Noch nie bin ich nicht mehr aufgestanden. Ich versuche die Stimme auszublenden, doch sie schreit gegen mich an. Schreit und fragt, was ich auf der anderen Seite wollte. Was dort war, das ich hier nicht hatte. Und ich halte inne. Warum das alles? Warum will oder muss ich hier gewinnen? Warum musste ich es jemals? Ich stehe auf, blicke noch einmal zurück und gehe los. Die Mauer entlang. Die Steine verschwimmen und ich, ich kann wieder klar sehen. Ich denke nicht mehr daran, was hinter der Mauer sein könnte. Ich weiß es nicht und es ist auch nicht wichtig. Es wird neu sein. Neu und anders.
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