Welten in Leder
Ich öffne die hölzernen Türen und trete in die riesige Bibliothek ein. Sofort schlägt mir der Geruch nach altem Leder entgegen und ich lasse meinen Blick über die scheinbar endlosen Regale voller Bücher schweifen. Ich gehe auf den Lesepult ganz hinten, in einem dunklen Eck zu. Kein Mensch ist in diesem Saal. Meine Fingerspitzen gleiten über die Buchrücken und ich genieße das Gefühl des Leders unter meinen Fingern. So viele Möglichkeiten, so viele Welten und verschiedene Perspektiven, in die ich eintauchen kann und die ich erleben darf. Jedes einzelne zeigt mir neues Land, neue Geschichten. Meine Fingerspitzen kribbeln und ich ziehe ein Buch aus dem Regal heraus. Auf dem Buchdeckel kann ich nichts erkennen, nur der Name des Autors ist, in goldgedruckter Schrift, noch schwach lesbar. Aber ich lasse mich gerne überraschen, also öffne ich das Buch und beginne zu lesen.
Mit schnellen Schritten näherst du dich dem großen Feuer, welches vor dem See in den Himmel jagt. Du zitterst leicht, daher lässt du dich auf einer der hölzernen Bänke nieder um dich aufzuwärmen und beobachtest die hellen Flammen die immer größer und größer werden. Neben dir hörst du das Rauschen des kleinen Baches, doch je größer das Feuer wird und je lauter das Knistern der Flammen, desto mehr rückt der Bach in den Hintergrund. Jetzt ist das Feuer, zwar umgeben von Wasser, dem See dahinter und dem Bach daneben, stärker. Das Spiel der heißen Farben erhellt den dunklen See und verdrängt das Rauschen. Die Funken steigen in den Himmel auf und du verfolgst sie, bis sie verglühen und das einzig leuchtende am Himmel wieder die Sternen sind. Du schließt deine Augen und genießt die Wärme in deinem Gesicht, die das Feuer bringt. Du konzentrierst dich nur auf die Geräusche des Feuers und in deinen Gedanken wächst es höher und immer höher, so hoch bis es in den Himmel reicht. Die blauen und gelben Flammen umzüngeln den Mond und spielen zwischen den Sternen. Jetzt ist alles neu. Sonst immer von Wasser umgeben, siegt jetzt das Feuer. Sonst hörst du nur das Rauschen des Baches, jetzt ist die Musik das Knistern der Flammen. Doch schon bald weicht die Hitze langsam aus deinem Gesicht und die Kälte ist wieder da. Du öffnest deine Augen und beobachtest, wie das wärmende Feuer immer kleiner wird. Die letzten blauen Flammen verschwinden und die Geräusche des Wassers kehren zurück. Der See liegt so dunkel wie eh und je vor dir und nur die weiß glühende Glut lässt noch erahnen, was hier noch vor wenigen Minuten in den Himmel schoss. Du erhebst dich und gehst, diesmal mit langsamen Schritten und nur mehr von dem Rauschen des Baches begleitet, zurück zu deinem Haus.
Ich schließe das Buch und atme tief durch, fast kann ich die Wärme auf meinen Wangen noch spüren. Ich lächle und stelle das Buch zurück. Vielleicht eines Tages schreibe auch ich neue Wörter.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar!
Spendenbegünstigung gemäß § 4a Abs. 4 EStG 1988; Registrierungsnummer KK32646
Weitere Antworten rund um die Spendenabsetzbarkeit für Privatpersonen und Unternehmen
