Wenn du die Augen schließt
„Und danach musst du nur noch alles hoch 2 nehmen“, sagte Mr. Brown. „Was haben Sie gesagt?“, fragte ich, meinen Lehrer. Ich war nicht wie andere in meinem Alter in der Schule, sondern wurde zuhause von einen Privatlehrer unterrichtet. Mr. Brown schüttelte den Kopf und sagte: „Wir sind fertig für heute.“ Er stand auf und verließ den Raum. Ich blieb sitzen. Ich starrte an die prunkvoll bemalte Decke. Ich wohnte mit meiner Mutter in einem sehr großen alten, aber gut erhaltenen Haus. Mein Vater wohnte nicht bei uns, er war ein berühmter Regisseur, deshalb wohnte er natürlich in Los Angeles. Meine Mutter wollte nicht mitkommen, deshalb blieb sie mit mir in einem Vorort von Calgary in Kanada. Meinen Vater sah ich nur 2-mal im Jahr, wenn überhaupt, um ehrlich zu sein hatten meine Eltern nicht die beste Bindung zueinander. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie nur mehr für das perfekte Bild in der Öffentlichkeit zusammen waren, mich hingegen hielten sie strickt von der Öffentlichkeit fern. An der Tür klopfte es. Es war Miss Li unsere Haushälterin, sie machte alles, den ganzen Haushalt und sie kochte immer für uns, obwohl sie schon eine etwas ältere Frau war. „Stacy, das Essen ist fertig“, sagte sie. Ich nickte und stand auf und folgte ihr ins Esszimmer. Meine Mutter saß bereits am langen Esstisch, ich setze mich neben sie. Sie lächelte mich an. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter, sie war im Gegensatz zu meinen Vater immer für mich da. „Stacy, würdest du heute vielleicht zu Lucy gehen?“, fragte meine Mutter. Ich nickte. „Danke schön mein Schatz“, sagte sie. Lucy war eins der drei Pferde meiner Mutter, sie wusste, dass ich nicht so das Pferdemädchen war, trotzdem ritt ich manchmal auf den Pferden. Nachdem ich fertig gegessen hatte, zog ich mich um und ging nach draußen zum Pferdestall. Unser Grundstück war so groß, dass ich unser Haus vom Reitplatz nicht einmal sehen konnte. Ich kam von meinem Ausritt zurück, vor unserer Tür standen einige Polizeiautos und ein Rettungswagen. Ich fragte unseren Gärtner was passiert war. „Deine Mutter ist tot“, sagte er langsam. Es fühlte sich so an, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Einige Stunden später wachte ich wieder auf, ich war in einem Krankenhaus. Neben mir stand ein Mann, vermutlich war es ein Arzt. „Was soll ich jetzt machen?“, fragte ich ihn. Er gab mir einen Brief und nickte, danach ging er einfach aus dem Zimmer. Ich öffnete den Brief.
Liebe Stacy,
Es tut mir leid, dass du es auf diese Art erfahren musst, wie schwer es ist, Menschen gehen zu lassen. Glaub mir es gab keinen andren Ausweg, als den ich gegangen bin. Ich bin mir sicher Miss Li wir gut für dich sorgen. Vielleicht lässt sich auch dein Vater wieder einmal blicken, vielleicht war mein Tod ein Anreiz für ihn wieder zu dir zurückzukommen. Eins noch, pass bitte gut auf Lucy, Bordy und Samy auf. Glaub mir es gibt keine Ende und wenn du deine Augen schließt, werde ich immer bei dir sein.
In Liebe, Mama
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