Wenn Liebe nicht genug ist
Es war ein kalter, windiger Septembermorgen in Zürich. Die meisten Leute schliefen noch, war es doch erst kurz nach sechs Uhr. Nicht so Mark und Sofia. Diese saßen unter der Linde auf dem Hügel. Sogar von der Ferne konnte man erkennen, dass die Stimmung angespannt war. Die Beiden diskutierten heftig. „Ich versteh dich nicht, Sofia! Woher der plötzliche Sinneswandel? Es war doch alles gut!“ „Ich weiß, Mark. Aber weißt du, ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht und habe einiges erkannt. Es kann so nicht weitergehen. Dauernd ist Stress wegen deiner Eifersucht. Ich halt das nicht mehr aus!“ Mit jedem Wort redete sich Sofia mehr und mehr in Rage. Lang genug hatte sie stillgeschweigt, was schon längst überfällig gewesen war. Nun war es an der Zeit, zu sagen, was Sache war. Nur war dies leichter gesagt als getan. „Oh! Auf einmal bin ich wieder schuld, dass es nicht gut läuft. Wieso? Hast du einen Neuen? Ist es dieser Stefan aus der 7B, der immer mit dir flirtet?“ Während er schrie, veränderte sich seine Körperhaltung. Sein Gesicht wurde rot und wutverzerrt, er wirkte aggressiv. Sofia begann sich unwohl zu fühlen. Sie wusste, ihr Freund konnte ungemütlich werden. Da erst wurde ihr bewusst, wie wichtig dieser Schritt war. „Mark, es liegt nicht an Stefan. Er hat damit gar nichts zu tun. Es liegt an uns, an mir.“, versuchte sie ihm verzweifelt klar zu machen. Doch Mark sah nur rot. Es wollte nicht in seinen Kopf, dass es an ihm lag, dass er Sofia ein ungutes Gefühl gab, gegen welches keine Liebe, und mochte sie noch so stark sein, ankommen konnte. „Alles nur Lügen!“, schrie er sie an. Sofia fing an zu weinen, so verzweifelt war sie. „Mark, bitte.“ Auf einmal packte er sie hart an den Armen und schüttelte sie. „Was habe ich getan! Was? !“ Sofia schrie auf: „Mark, bitte, du tust mir weh!“ Sie hatte Angst und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Vergeblich. Er war zu stark. Sie probierte es noch einmal, diesmal nahm sie mehr Kraft zusammen. Und siehe da, es klappte. Mark wollte nach ihr greifen, doch das weinende Mädchen machte schnell einen großen Schritt zurück. „Ich bitte dich, Mark! Geh bitte! Lass mich in Ruhe! Ich liebe dich und es tut mir so, so leid, aber du machst es gerade nur noch schlimmer. Also bitte.“ Sie fühlte sich kraftlos. Doch Mark dachte nicht im Traum daran, Sofia in Ruhe zu lassen. Er merkte gar nicht, welchen Schaden er verursachte. „Nein! Du gehörst mir! Denkst du, du könntest mir sagen, was ich zu tun habe? Wie erbärmlich!“ Mit diesen Worten schlug er ihr ins Gesicht, sodass sie zu Boden fiel. Im Gras um sie herum breitete sich eine leichte Blutlacke aus. Da konnte der Junge wieder klar denken. Als ihm klar wurde, was er gerade getan hatte, beugte er sich über seine Freundin und kontrollierte ihre Atmung. Doch da war nichts. Er wusste, wenn man herausfand, dass er dies getan hatte, wäre er dran. Mark sah sich um und als er niemanden sah, verließ er den Hügel, ohne sich noch einmal umzudrehen.
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