Wer bestimmt "genug" ?
Genug. Wenn ich das Wort „genug“ höre ist das erste, was ich damit in Verbindung bringe „genug“ im Sinne von „jemanden oder für etwas genug – oder eben nicht genug zu sein“. Warum das so ist, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht, weil ich in manchen Hinsichten wenig Selbstvertrauen habe oder schon immer hatte. Ein typisches Beispiel dafür ist mein ehemaliger Sprachfehler. Ich konnte bis zu meinem 14. Lebensjahr den Buchstaben „S“ aufgrund einer Zahnlücke nicht gut- beziehungsweise sehr schlecht oder schlampig aussprechen. Der typische Satz, den ich beispielsweise bei einer Präsentation jedes Mal über mich ergehen lassen musste war „Lilly, das war sehr gut aber du hast leider nicht deutlich genug gesprochen“. Jedes. Einzelne. Mal. Zusätzlich zu meinem logopädischen Fehler habe ich sehr schnell gesprochen, was ich jetzt allerdings noch immer mache aber im Gegensatz zu früher hat es sich wesentlich gebessert. Also musste ich mir auch Dinge wie „Du warst nicht langsam genug“ immer und immer wieder anhören.
Aber wer definiert eigentlich wann du „genug“ für jemanden bist und wann nicht? Kann das nicht jeder für sich entscheiden? Ich habe auch viele Bekannte und Freunde, die selbst sehr schnell oder undeutlich reden. Habe ich Schwierigkeiten, sie zu verstehen? Nein. Und warum nicht? Weil ich mich in einer anderen Lage befinde.
Es ist also meiner Meinung nach vollkommen unverständlich, wie sich jemand das Recht nehmen kann fest zu legen und zu urteilen, wer genug und wer nicht genug ist. Es hängt davon ab, in welcher Lebenslage man sich selbst befindet, mit welchen Leuten man kommuniziert und in welcher Situation man ist.
Abgesehen davon verbinde ich mit „genug“ noch „genug zum Essen, Trinken, Wohnen „ – aber auch „genug Unterstützung zu bekommen“. Ich finde, dass wir in Österreich uns wirklich glücklich schätzen können, zum größten Teil genug zum Essen und zum Trinken zu haben. Natürlich gibt es Ausnahmefälle aber selbst jene können zumindest vom sauberen Trinkwasser profitieren. In vielen Teilen der Welt wäre das so gut wie unmöglich und der größte Traum einiger Menschen. Den zweiten Punkt assoziiere ich damit, dass ich eigentlich von klein auf in dem was ich mache immer so gut es ging unterstützt wurde. Dafür bin ich speziell meiner Mama und ihrem Freund sehr dankbar!
Schlussendlich, denke ich, dass „genug“ ein sehr vielseitiges Wort ist und in allen möglichen Varianten verwendet werden kann und es für jeden etwas anderes bedeutet. Es kann in negativer aber auch in positiver Sicht empfunden werden, doch liegt es wie man so schön sagt einfach im Auge des Betrachters.
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