Wer du bist
Ich hasse es, wenn ich dir in die Augen blicke.
Wenn ich dich ansehe und bemerke, dass du mich bereits anstarrst.
Mit diesem wehleidigen Ausdruck und diesem Wimpernaufschlag, der nicht einmal halb so subtil ist, wie du glaubst.
Ich hasse die Essensreste um deine Lippen, wenn du wieder mit offenem Mund sprichst.
Wenn ich genau daran denke, während ich Brösel vom Küchentisch wische.
Mit denselben Tüchern, mit denen du versucht hast, meine Tränen zu trocknen.
Ich hasse es, wenn sie nach dir fragen.
Wenn sie deine Taten leugnen und wartend an der Türschwelle stehen.
Mit Geschenken in den Händen, denn, achja, heute ist schon wieder dein Geburtstag.
Ich hasse es, wenn du sie als Freunde bezeichnest, denn du hast keine Freunde.
Wenn du sie Bekannte nennst, ist es noch schlimmer, denn niemand kennt dich und du willst niemanden kennen.
Mit so etwas kommst du im Leben nicht weit.
Ich hasse es, wenn ich an dich denke.
Wenn du an mich denkst.
Mit welcher Ausrede wirst du das nächste Mal an der Haustür klopfen, nur um wieder zu verschwinden?
Ich hasse die Erinnerungen.
Wenn ich sie nur löschen könnte…!
Mit der Gewissheit, dass sie nie wieder kommen.
Ich hasse das Gefühl auf meiner Haut.
Wenn ich an alles zurückdenke – als würde sie sich zusammenziehen.
Mit solch einer Geschwindigkeit überfluten mich die Gedanken, dass ich nicht aufhören kann, mich zu fragen, wen ich da vor mir sehe; wer du bist.
Ich hasse die Tatsache, dass du ich bist.
Wenn ich mir selbst im Spiegel in die Augen blicke.
Mit diesem unergründlichen Abscheu.
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