Wie eingefroren
Die Stille ist manchmal so laut und doch steht alles um mich herum still. Meine Gedanken überfluten mich einmal wieder, sie übertönen den Rest. Ich habe das Gefühl, mein Kopf ist beschäftigter als ich, jedenfalls habe ich keine Ahnung, wie ich gerade von der U-Bahn Station nach Hause gekommen bin. Als wäre ich stundenlang im Koma gelegen, obwohl ich nur von fünf Minuten spreche. Manchmal will ich einfach nur fliehen, wegrennen oder ganz laut anfangen zu schreien. Es schwirrt immer so viel vor mir, nur nicht die Realität. Ich sehe keine Klarheit mehr, kann man an Vorstellung erkranken?
Ich spüre den knarrenden Boden unter meinen Füßen und einen Atemzug später liege ich im Bett. Ich fühle mich von meinem Inneren erobert, als hätten es sich ein paar Dämonen in meinem Kopf gemütlich gemacht. Sie sind in einen ewigen Kreislauf geraten und wissen selbst nicht mehr weiter. Erneut stelle ich mir die Frage, wieso ich mir diese Gedanken antue? Ein schwerer Stein von Gefühlen drückt mich in meine Matratze, die Kirchenglocken fangen an zu läuten. Es ist 12: 00 Uhr, nur für mich sind Jahre vergangen, seitdem mein Wecker heute Morgen geklingelt hat. Doch nicht einmal der halbe Tag ist um, aber definitiv eine halbe Ewigkeit. Ich höre meinen Pulsschlag laut und deutlich, mein Kopf beginnt zu brennen, ich stehe auf, um mir ein Wasser zu holen. Ich sehe schwarz, doch bleibe stehen. Das verbinde ich mit den Dämonen, immer wenn einer ausbrechen will, stoßt er an meine Augen, doch umgekippt bin ich noch nie. Manchmal warte ich einfach auf ein Ende. Ich möchte aus diesem Gefängnis ausbrechen, ich weiß nur nicht wie. Ein Kreislauf eben. Ein Schauer kommt über meinen Körper, mir wird kalt. Ich spüre meine Zähne klappern. Weiche Wollsocken und eine warme Decke müssten helfen. Beim Bücken erblicke ich die Küchenuhr, 12: 01 Uhr, der Tag ist lang.
Zurück in meinem Bett klappe ich meinen Laptop auf, doch starre bloß auf die Wand vor mir. Ich betrachte jedes Detail und überlege anschließend, wie ich meine Zeit vertreibe. Das Ziel des Tages ist der Abend, wenn ich einschlafe und mein Kopf Ruhe gibt.
Mir kommt erneut ein Gedanke, doch diesmal ist er sinnvoll. Sollte man sich an einem Tag wirklich nur darauf freuen, dass die Zeit vergeht? Jede Sekunde vergeuden und verschwenden, damit man alles übersteht? Ich setze mich auf und hole mein Tagebuch aus der Lade.
Liebes Tagebuch,
ich wurde heute wieder stundenlang von mir selbst gequält und gefoltert, wie kann man innerhalb einer Sekunde so viele Gedankengänge haben? Ich muss versuchen, meine Zeit zu nutzen, anstatt aussichtslos von diesem Etwas wegzurennen, ohne je die Ziellinie zu überqueren.
Ich stehe auf und beschließe rauszugehen, doch kurz vorm Aufbruch halten mich meine Gedanken wieder auf. Ich will mich mit den Dämonen aus diesem Kreislauf hinausbewegen, doch stehe wie eingefroren da. Gibt es einen Weg hinaus, bevor es zu spät ist? Können wir noch hinaus? Ich kann nicht mehr.
Es ist 12: 05 Uhr, die Zeit steht still.
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