Wie in Trance
Ich habe solche Angst.
Angst, zu versagen, Angst, nicht genug zu sein, Angst, nicht den Erwartungen anderer zu entsprechen und Angst, nicht akzeptiert zu werden. Was ist, wenn mich plötzlich alle ablehnen? Wie wird mein Leben aussehen, wenn ich morgen mit einer unheilbaren Krankheit aufwache? Kann ich nicht jederzeit vom Weg abkommen, stolpern, oder einfach nicht mehr weiterwissen? Wer wird mir wieder auf die Beine helfen?
Ich höre oft, wie charakterstark und selbstbewusst ich durch den Alltag schreite. Wie locker ich alles nehme, wie wenig Gedanken ich mir mache, wenn etwas schiefläuft. Doch das alles ist reines Schauspiel, eine Maske, die mein wahres Ich verschleiert. In Wahrheit denke ich ständig über meine Taten nach. Dann stoppt das Tempo der Zeit für einen Augenblick, und alles was ich vernehme, ist das gleichmäßige Ticken der Uhr. Verlangsamt, wie in Zeitlupe. Wie eine Feder zieht sich die Geschwindigkeit zusammen, bis mein Gehirn vom ganzen Druck, der sich durch das viele Denken gebildet hat, implodiert und die Welt wie in einem Film an meinen Augen vorbeirast. Mir wird kalt und heiß, meine Hände werden feucht und die ganzen in der Luft verstreuten Sorgen beginnen damit, meine Seele zu attackieren. In solchen Momenten spüre ich nichts mehr. Kein Glück, kein Leid, keine Gefühle. Wie in Trance. Eine unerträglich schwere Last legt sich auf meinem Herzen ab und meine ganze schöne Jugendwelt verwandelt sich in einen Ort des Schreckens und der Einsamkeit.
Doch ich will nicht so sein. Will mir nicht von meiner Furcht vorschreiben lassen, wie ich zu leben habe. Ich habe keine Lust, mich vorsichtig vorzutasten, nein, ich möchte kopfüber ins kalte Wasser springen. Ich will eine Weltreise unternehmen, ohne Angst davor haben zu müssen, an Malaria zu sterben oder entführt zu werden. Ich will Mädchen kennenlernen, ohne mich so schlechtzureden, dass ich mich am Ende nicht einmal traue, sie anzusprechen. Ich will leben, ohne mich vor dem Tod zu verstecken. Mutig und aufrichtig Mensch sein und an meine Träume glauben, ohne auch nur eine Sekunde an meinem Erfolg zu zweifeln. Meinen eigenen Takt vorgeben, statt mich nach der Uhr zu richten. In meiner Welt und meinem Tempo leben, statt mich anzupassen. Wie ein Adler will ich fliegen, wie ein Fisch will ich schwimmen. Gegen die Massen. Ich habe genug davon, meine Identität immer wieder aufs Neue zu hinterfragen, mir Vorbilder zu suchen, in deren Fußstapfen ich treten kann, weil dann das Risiko, zu versagen, geringer ist. Ich will ich sein und meinen eigenen Weg gehen, ohne mich um die Meinungen der anderen zu kümmern. Alles ausprobieren, ohne mir von der Gesellschaft sagen zu lassen, was gut ist und was nicht. Lieben, bis mein Herz aufhört zu schlagen, voll Leidenschaft, ohne Hast. Leben, bis ich nicht mehr leben kann, nicht effizient, nicht temporeich, doch mit unvergesslichen Erinnerungen und prägenden Erfahrungen.
Denn Mut bedeutet Freiheit, Angst ewige Gefangenschaft.
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