Wie konntest du nur?
Er würde sie gerne umarmen, sie trösten. Er hasst es sie so zu sehen. Ihr Körper bebte und ihr Arm war mit roten Schnitten übersehen. Sie kauerte sich in ihr Bett zusammen und weinte leise in ihre Knie, die sie fest mit beiden Armen umklammert hatte. Er würde ihr gerne helfen, aber jedes Mal, wenn er versuchte sie zu umarmen schauderte sie nur. „Sie war allein und es war meine Schuld. Ich hatte sie dazu gebracht.“
Sie war gut im Lügen, aber ihm konnte sie nichts vormachen, er sah sie jeden Tag immer wieder in den Schlaf weinen. Wie sie sich wünschte jemand würde sie einmal verstehen. Er wusste was sie meinte er war damals aus demselben Grund gegangen. „Wie konntest du nur?“, schluchzte sie. Mit traurigen und leblosen Augen sah er sie an. Er wusste was er getan hatte. Er hatte es gesehen, es miterlebt. Manchmal bereute er seine Tat, aber jetzt, konnte er es nicht mehr ändern.
Hätte er noch Gedärme, würde er sich diese herausreißen. Könnte er sich noch umbringen würde er es tun, nur um diesen Anblick nicht mehr ertragen zu müssen. Aber, er war bereits tot. Er war ein Geist und konnte nichts mehr machen. Er wusste, dass es nicht fair war ihr die Bürde aufzutragen, aber er sah damals keinen anderen Ausweg mehr. Er wollte sich Einreden, er hätte in dem Moment nicht an sie gedacht, aber das entsprach nicht der Wahrheit, denn er konnte an nichts und niemand anderen mehr denken. Er hatte damals durchaus an sie gedacht, nur nicht an die Folgen. Er wusste nicht was er tat, er war verzweifelt und allein und konnte, nein wollte nicht mehr so leben.
Er wachte über sie Tag und Nacht und versuchte immer wieder mit ihr, Kontakt aufzunehmen, jedoch ohne Erfolg. Sie war an einem dunklen Ort, abgeschottet von jeden, sie hatte sich aufgegeben. „Ich versuchte mein bestes sie an jeder Dummheit zu hindern, aber wie ich bereits erwähnt hatte, war ich nur ein dummer Geist.“
Nach einer langen Zeit suchte sie sich endlich Hilfe, und so realisierte auch er, dass er immer mehr verschwand. Nicht etwa aus ihren Gedanken oder Herzen, nein, sondern aus ihren Albträumen und Schmerz. Und auch wenn es ihn quälte, wusste er, dass es das Richtige war und entschloss sich den letzten Schritt zu gehen. „Ich sah sie lächeln, ein Ausdruck, den ich schon ewig nicht mehr an ihr gesehen hatte. Und als ich realisierte, dass sie dieses Mal nicht durch mich hindurch blickte, sondern mich sah, wurde mir warm ums Herz. Ich wusste nicht wie und auch nicht warum, aber das war mir egal in dem Moment.“ Und auch wenn er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte, flüsterte er ihr ins Ohr: „Geh bitte…. Und hab Spaß, genieße dein Leben und blick in die Zukunft, aber vergiss mich bitte nicht.“ Und mit diesen Worten umarmte er sie ein letztes Mal und verschwand in ihren Erinnerungen.
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