Wie lange können wir noch zuschauen?
Mein Name ist Santiago. Ich bin 13 Jahre alt. Ich verdiene 2 Dollar am Tag.
Drei Jahre lang habe ich eine Schule in der Nähe von meinem Heimatort in Bolivien besucht, aber eines Tages ist Papa nach Hause gekommen und hat gesagt, dass ich nun anfangen muss, für unsere Familie zu sorgen. Also arbeite ich jetzt in der Mine von Cerro Rico. Als Jause habe ich heute von Mama zwei Scheiben Brot und eine Flasche Wasser bekommen. Jeden Tag klettere ich in die tiefen Höhlen, um ein Stückchen Silber, Zinn und Blei nach dem anderen aus den Wänden zu meißeln. Es ist harte Körperarbeit und gesund sind für mich weder die Schwefelgase, noch die großen Staubwolken, die mir das Atmen erschweren. Ob ich wohl wie Papa eine schwarze Lunge bekomme, wenn ich groß bin?
Ob ich in diesen Lebensbedingungen noch lange überleben kann?
Mein Name ist Ambu. Ich bin zehn Jahre alt. Ich verdiene 1 Dollar am Tag.
Ich lebe in Bangladesch in dem Armenviertel unserer Hauptstadt Dhaka. Meine Familie ist sehr arm, deswegen gehe ich jeden Tag zum Bahnhof und sammle Müll ein, den ich später beim Recycling-Center verkaufe. Das ist sehr gefährlich, der wertvollste Müll liegt nämlich auf den Schienen und da kann jederzeit ein Zug vorbeifahren. Beim Mist aufsammeln gibt es noch viele andere Gefahren, wie zum Beispiel spitze Gegenstände, an denen man sich oft schneidet, ätzende Flüssigkeiten, die Ausschläge auf den Händen verursachen oder abgestandene Gase, die einen krank machen. Meine Mutter macht sich große Sorgen um mich, sie hätte es lieber, wenn ich in einer der großen Textilfabriken arbeiten würde, wie viele meiner Freundinnen, aber dort ist es nicht viel sicherer als auf der Straße.
Ob ich in diesen Lebensbedingungen noch lange überleben kann?
Mein Name ist Kojo. Ich bin neun Jahre alt. Ich verdiene 0 Dollar pro Tag.
Vor ein paar Monaten hat mich ein Mann von Ghana in die Elfenbeinküste mitgenommen. Hier lässt er mich auf seiner Kakaoplantage arbeiten, manchmal bis zu zwölf Stunden am Tag. Meine Familie habe ich seit ich weggeschleppt worden bin nicht gesehen. Sie haben sehr wenig Geld, also können sie wahrscheinlich nicht nach mir suchen. Für das Abschneiden der Frucht braucht man natürlich scharfe Macheten und die Säcke, in denen ich den Kakao transportiere, sind meistens schwerer als ich selbst. Da kommt es das eine oder andere Mal schon vor, dass ich mich verletze. Viel gefährlicher sind für mich aber die Pestizide, die mein Gesicht regelmäßig anschwellen lassen. Die anderen Kinder und ich müssen aufpassen, dass wir unsere Arbeit gut machen, sonst werden wir beschimpft, gedemütigt und manchmal sogar geschlagen. Bezahlt werde ich für meine Arbeit nicht.
Ob ich in diesen Lebensbedingungen noch lange überleben kann?
Weltweit können 152 Millionen Kinder nicht lesen, schreiben und rechnen, weil sie durch die Arbeit vom Schulbesuch abgehalten werden.
Wie lange können wir dieser Ungerechtigkeit noch zuschauen, ohne zu helfen?
Mein Name ist Nina, ich bin 18 Jahre alt. Ich kann nicht mehr zuschauen.
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