Wie lebt man mit der Ewigkeit?
Ich denke ich war gerade dabei ein neues Blatt in meine Schreibmaschine einzuspannen, da erklang dieser schrille Ton. Ich bin vor Schreck zusammengezuckt. Es war die Türklingel.
Ich habe eine Weile gebraucht, mich daran zu gewöhnen, denn in einer Gruft bekommt man eher selten Besuch. Und wenn das mal passiert, dann tagsüber, wenn die Mehrheit von uns tief am Schlafen ist.
Es war nichts für mich, das Leben da unten. Nichts zu tun. Auch in Gesellschaft ist man einsam. Wissen Sie, wir Vampire sind recht egoistische Wesen. Mitgefühl und Empathie sind den meisten von uns unbekannt.
Wo war ich? Ach ja. Ich öffnete die Tür. Zu meinem Glück war es schon recht spät und die Sonne verschwand gerade hinter meinem Haus, so dass ich sie da gar nicht mehr sehen konnte.
Vor mir stand ein junger Mann mit Baby am Arm. Er begrüßte mich freundlich und meinte, dass er im Nachbarhaus wohne. Er nannte mir seinen Namen. Ich stellte mich ebenfalls vor. Nach ungefähr fünf Minuten unangenehmen Smalltalk meinte er noch, dass, falls mir einmal die Butter oder Milch ausginge, ich bei ihm gerne etwas ausborgen dürfte. Ich bedankte mich, er verabschiedete sich und ging.
“Ich werde nie Butter oder Milch ausborgen müssen und ich wage es zu bezweifeln, dass er ebenfalls Blut trinkt”, dachte ich mir.
Da musste ich erstmals über die Frage nachdenken, was passieren soll, wenn ich als Mensch in achtzig Jahren tot wäre. Ein endloses Leben muss geplant werden.
Ich müsste eine Todesanzeige von mir selbst erstellen und meine Beerdigung vortäuschen. Gäbe es überhaupt jemanden, der zu meiner Beerdigung kommen würde?
Würde ich Freunde haben?
Aber diese Fragen erschienen mir erstmal zweitrangig.
Was will ich machen nach meinem „Tod“?
Ich habe überlegt. Lange. Vielleicht waren es ganze Tage und Nächte, die ich auf meiner Couch saß und überlegte.
Die Idee kam zu mir, als ich eines Nachts, das Geschrei von dem Baby meines Nachbars hörte.
Ich würde meinen Tod vortäuschen und mich dann als mein eigenes Kind ausgeben, um mein Erbe anzutreten. Und das würde ich bis in die Ewigkeit wiederholen. Für immer würde ich in diesem Haus am Rande von Wien wohnen und meine Geschichten in Form von Büchern der Welt schenken.
Vielleicht würde ich auch einmal etwas anderes machen wollen als schreiben. Ich male auch gerne, aber ich denke nicht das ich damit Geld verdienen könnte. Die meisten großen Künstler, wie Picasso, da Vinci oder van Gogh, haben in ihrer Lebenszeit kaum etwas verdient. Aber ich brauche mich ja schließlich nicht zu stressen. Dann verdiene ich eben als mein angebliches Kind Millionen für meine Kunst.
Wie auch immer. Das werde ich spontan entscheiden. Ich habe schließlich noch genügend Zeit, um meine Träume zu verfolgen, denn so schnell wird mein Leben wohl kein Ende finden.
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