Wintersonne
„Komm, Papa, es ist Frühling!“, zwitscherte das kleine Vögelchen voller Freude und flatterte wild um seinen Vater. Die Sonne schien und es war warm. Doch etwas stimmte nicht - das tat es lange nicht mehr. Der junge Fink ahnte nichts – die Unschuld seines Alters schütze ihn vor jenen bösen Sachen, die er noch gar nicht verstehen konnte.
„Na los, geh‘ mit deinen Freunden spielen – und sei bald zurück!“, sagte der Vater und seufzte, als der kleine außer Sicht war. Daraufhin flog er in die entgegengesetzte Richtung auf einen alten Eichenbaum in der Nähe zu. Dort saß die Eule, die Älteste des Waldes.
„Wieder kein Schnee“, begann der kleine Vogel, „alles ist außer Gleichgewicht. Ich fürchte mich vor dem Sommer, Eule - du weißt, wir haben diesen gerade noch mit genügend Wasser überstanden. Es wird immer trockener, die Käfer lassen sich immer weniger blicken und die Zweibeiner zerstören unseren Wald. Wie soll es weiter gehen? Wie soll ich meinem kleinen das alles beibringen?“. Der Vater hielt inne, um einen Atemzug zu nehmen. Mehr sagte er auch nicht, denn er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Die alte Eule seufzte und legte einen ihrer mächtigen Flügel um den zarten Körper des Finks. „Ich fürchte, wir können nur aufs Beste hoffen.“, flüsterte sie mit schwerem Herzen. So sehr sie auch versuchte ihre Verzweiflung unbemerkt zu behalten, war ihre Hoffnung, die nun auch langsam erlosch, nicht zu überhören.
Im Hintergrund ist das gewohnte Brummen der Maschinen zu hören. Ein Baum zerfällt beim Aufprall mit dem Boden in zwei. Dieser war längst nicht das Einzige, das zerfällt.
Und sie sehen zu.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:




















Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX