Wochenende der Wiener Jugend
Endlich Freitag, das Highlight der ganzen Woche. Noch drei Stunden Unterricht, dann lebe ich meinen dreitägigen „Teenage Dream“. Geh bitte, er kann doch keine Hausübung aufgeben über ein Thema, welches wir für 10 Minuten besprochen haben. Es klingelt. Ich bin der Freiheit 50 Minuten nähergekommen. Ich will raus gehen, ich mag es die Menschen dabei anzuschauen und mir vorzustellen worüber was sie nachdenken. Geh bitte, so viele Menschen vor mir, die Hälfte keine Masken auf. Ich habe es geschafft, ich bin draußen. Es wirkt so surreal, dass jeder hier sein eigenes Leben und damit auch seine eigenen Geheimnisse, Erinnerungen und Pläne hat. Es klingelt, wir müssen los. Ich komme meinem Wochenende immer näher.
Geh bitte, das kann doch nicht sein, dass sie heute auf die Idee gekommen ist, alle Jeans zu waschen. „Du hast so viele andere Hosen“ Ja, ich weiß! Ich fühl mich in der einfach am wohlsten. Na gut, egal ich sag lieber nichts mehr, sonst lässt sie mich nicht mehr raus. Bin fertig geschminkt aber fühle mich unwohler als davor, das ganze Makeup fühlt sich schwer auf meiner Haut an. Schlüssel, Tasche, Weste, gut ich glaub ich hab’ alles ich kann gehen. Geh bitte, ich hab’ die Maske vergessen. Schuhe aus, Treppen rauf, Maske nehmen und alles von neu. Jetzt sollte ich alles haben. Ich kann los.
Ich hab’ immer so ein unwohles Gefühl im Magen, bevor ich mich mit Leuten treffe. Ich hasse es. Ich sehe sie schon. Ob sie überhaupt Lust haben, dass ich da bin. Ich begrüße sie erst mal. Jetzt geht’s mir besser mit dem Bauchweh. Ich frag mal Bianca ob ich wirklich bleiben soll oder ob es vielleicht nicht doch besser ist zu gehen. „Geh bitte, hör’ auf damit“. Ich glaub’ ich sollte bleiben. Ich weiß nicht zu wem ich mich stellen soll. So früh fühle ich mich nur wohl mit Bianca, aber sie geht immer rum und ich will ihr nicht nachrennen wie ein kleiner Schoßhund, schaut ja komisch aus. Geh bitte, seit wann bin ich so schüchtern, ich erkenne mich nicht wieder. Hoffentlich wird das noch.
Es ist echt spät, wir sitzen in der feuchten Wiese und reden über Gott und die Welt. Ich mag diese Uhrzeit, da ist jeder so ehrlich. Mittlerweile sind die Bauchschmerzen ganz weg. Ich erwische mich selbst, wie ich einfach spreche, ohne nachzudenken. Komisch, hab‘ ich schon lange nicht mehr gemacht. Ob es die ganzen Leute überhaupt interessiert, was ich sage. Ich werfe einen Blick in die Runde, meine Lippen bewegen sich weiter. Es scheinen mir alle zuzuhören. Vielleicht machen sie das aber nur aus Freundlichkeit, weil ich ihnen leid tue. „GEH BITTE HÖR AUF MIT DEM BLÖDSINN“ denke ich mir. Ich versuche es, ich muss wirklich damit aufhören. Ich will weiterreden, aber ich trau mich nicht. Ich mein der Sprung ins kalte Wasser wird auch nicht wärmer, wenn ich länger warte. Ich mache es einfach und rede. Morgen werde ich mich wahrscheinlich schämen, wieso auch immer, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es so sein wird. Geh bitte, ich will doch nur so sein wie damals.
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