Worte die im Tintenfass verweilen
Ich will einen Text schreiben, bei dem meine Worte auf das Papier zu schwappen scheinen, jeder Satz ausgeglichen und vollendet. Ich möchte, dass das Niedergeschriebene meine Gedanken widerspiegelt, ich möchte mein Herz ausschütten. Der verschlungene Prozess des Schreibens, meine Worte nie klar genug, meine Befehle zu schwach, meine Bedeutung zu oberflächlich, unzählige Stunden des Schreibens in Fetzen gerissen, sodass niemand sie je lesen kann, nie verstehen kann. Ist es besser, es zu verbergen, aus Angst, nicht verstanden zu werden. Ist es seine Arbeit nicht zu zeigen, wie ein Sänger, dessen Stimme man nie zu hören bekommt. Aber nicht sehen, nicht hören, heißt das, dass es nicht da ist. Denn ich kann sie hören, es gibt eine Stimme in meinem Herzen, manchmal flüstert sie, manchmal schreit sie. Aber ich halte sie verborgen, verborgen vor den Ohren der Anderen. Ich rühre mich nicht von der Stelle, lasse sie nicht sehen, lasse sie keinen Blick auf diese einsame Melodie erhaschen, die in meinem Herzen widerhallt. Nur wenn meine eigene Stimme versagt und die Worte nicht mehr herauskommen, kann man ihre Schreie hören. Was hält mich zurück, was hält mich davon ab loszulassen. Bedeutet ein Gefühl zuzulassen, es zu werden, habe ich Angst, dass meine Arbeit in der Öffentlichkeit mich verschlingt.
Aber es bringt mich um, frisst mich langsam von innen auf, man kann nicht alles für sich behalten. Die Worte liegen schwer auf meiner Brust, ersticken mich, aber ich habe gelernt, wie man ein Leben außer Atem führt. Wie man seinen Tag mit Wasser in der Lunge bewältigt. Ich habe mich an diese Gefühle gewöhnt, aber ich kann sie immer noch spüren, sie haben mich geformt.
Ich will schreiben, bis meine Finger bluten, die Tinte meines Stiftes ausrinnt, bis ich endlich zufrieden bin. Ich will für mich schreiben, damit meine Bedürfnisse erfüllt werden können. Ich erhebe meine Feder, damit die Stimme in meinem Herzen zu Wort kommt und ihre Chance bekommt gehört zu werden. Ich schreibe, bevor das Feuer in meinem Herzen erlischt, bevor ich alt werde und verbitterte. Ich bin leichtgläubig und losgelöst, die Welt hat mich noch nicht hart gemacht, ich sehe nicht ein, warum das etwas Schlechtes sein sollte. Ich weigere mich, in meinem Selbstmitleid zu ertrinken, ich weigere mich, aufzuhören, auch wenn meine Emotionen unkontrollierbar sind, auch wenn meine Stimme zu zittern vermag und meine Hände zu beben beginnen, ich weigere mich, diese Gefühle einzuschließen, ich werde sie mit mir tragen, wohin ich auch gehe. Denn sie sind ein Teil von mir, ich bin nicht tot, ich bin nicht kalt, dafür werde ich mich nicht lebendig begraben lassen. All dieser Ärger, all diese Wut, ich werde sie nutzen, nicht zu ihnen werden. Denn Emotionen sind wie Blut, selbst wenn alles abgewaschen ist, fühlt sich der Körper noch durchtränkt an, denn es ist die Seele, die befleckt ist. Und so schreibe ich mit meinen zitternden Händen, meiner blutbefleckten Seele und einer schreienden Stimme in meinem Herzen.
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