Zeit meines Lebens
Es war mein 16. Geburtstag, als ich plötzlich umkippte. Ich wachte in einem Krankenzimmer auf, meine Mutter saß weinend auf dem einzigen Stuhl in dem Zimmer. Mein Vater hatte ihr tröstend einen Arm um die Schultern gelegt. Es war ein ungutes Gefühl, das in mir wuchs. Ich wollte etwas sagen doch meine Stimme gehorchte mir nicht. Der Arzt betrat das Zimmer, er hatte viele Unterlagen auf dem Arm. „ Die Testergebnisse sind soeben geschickt worden, das Labor hat es bestätigt. Ihre Tochter hat eine seltene Krankheit, es gibt noch keine Behandlungsmöglichkeiten. Wenn Sie Glück haben hat sie vielleicht noch 2 bis 3 Monate zu leben. Es tut mir sehr leid“, damit verließ er uns wieder. Alles begann sich zu drehen, ich war doch erst 16 zu jung zum Sterben! Ich schloss meine Augen und spürte wie tränen heiß meine Wangen hinab liefen. Ich will leben! Warum ich? Hab ich den schon lange genug gelebt? Die nächsten Tage verbrachte ich damit vom Bett aus nach draußen zu starren. Ständig wurden irgendwelche Tests gemacht. Es war bereits eine Woche her, dass ich eingeliefert worden war. In dieser Nacht wurde ich plötzlich wach, Es war ein Gefühl als wäre jemand bei mir. Mal davon abgesehen, dass dies unmöglich war, sah ich mich im Zimmer um. Auf der Fensterbank saß jemand. Der Jemand stand auf und kam auf mein Bett zu. Seltsamerweise hatte ich keine Angst, wie man vielleicht erwarten könnte, wenn mitten in der Nacht ein Fremder im Zimmer war. Er trat ins Mondlicht und endlich konnte ich ihn erkennen. Es war ein Junge vielleicht 16 oder 17, er hatte bleiche Haut und schwarzes Haar. Zudem war er komplett in Schwarz gekleidet, was meinen ersten Eindruck von einer wandelnder Leiche verstärkte. Ich öffnete meinen Mund und fragte: „Wer bist du?“ Er lächelte mich an, als ob ich es bereits wüsste. Und ja eigentlich war meine Frage völlig überflüssig. Er war der Tod, ein ziemlich hübscher Tod. „ Hast du Fragen an mich“, seine Stimme hallte in dem Raum nach. „Warum ich?“, wieder dieses schöne Lächeln, das ein wenig traurig war. Auch er konnte mir diese Frage nicht beantworten. Ich sah hinaus: „ Ich bin bereit, auch wenn ich es nicht verstehen kann.“ Er küsste mich sanft und ich löste mich von meinem Körper. Es fühlte sich seltsam an frei zu sein. Ich schwebte über dem Boden und der Tod reichte mir seine Hand. Ich hatte sowieso genug von den ganzen Tests und Versuchen gehabt. So war es auf jedenfalls besser. Meine Mutter musste mir nicht beim Sterben zusehen und ich nicht ihre Tränen. Aus irgendeinem Grund musste ich an Peter Pan denken, als wir zusammen dem Mond entgegen schwebten. Ich gehe jetzt wohl auch nach Nimmerland, ich lächelte bei dem Gedanken. Der Tod war nur der Schritt in anderes Leben. Wo auch immer das sein mochte, dort würde ich genug Zeit haben um all das zu tun was ich schon immer tun wollte. Ich blickte nicht zurück zur Welt, die ich gerade verlassen hatte. Mein neues Leben, hatte gerade erst begonnen.
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