Zeit und Ewigkeit
Ein Augenblick. Aber wie lässt er sich definieren? Søren Kierkegaards zitiert: „Der Augenblick ist jenes Zweideutige, darin Zeit und Ewigkeit einander Berühren.“ Wie sollte ich das bitte verstehen?
Ich sitze in meinem Zimmer. Meine aktuelle Hausübung besteht darin dieses Zitat zu interpretieren. So oft ich es auch lese, für mich vermag es keinen Sinn zu ergeben. Langsam verschwimmen die Wörter vor meinen Augen. Ich verstehe zwar die einzelnen Ausdrücke, allerdings bleibt mir die Essenz dieses Satzes verschwiegen. Am ersten Tag nach den Osterferien muss meine Interpretation fertig gestellt sein. Nur weiß ich nicht im Geringsten, wie ich damit anfangen soll. Morgen früh beginnt unser Urlaub in den Alpen. Wie lange hatte ich mich darauf gefreut? Endlich weit, weit weg von all dem Stress. Aber ich schweife ab. Vor der Entspannung kommt die Arbeit. Bis tief in die Nacht hinein quäle ich mich und versuche verzweifelt etwas auf das Papier zu bekommen. Aber immer wieder streiche ich es durch. Mittlerweile liegen schon Haufen an Papierkugeln am Boden. Irgendwann schlafe ich über meinem Notizblock ein. Erschrocken springe ich hoch, als mich Mama am Morgen weckt. War ich wirklich über meinen Notizen eingenickt? Sah wohl ganz danach aus.
Während der Autofahrt werde ich hellwach und meine Vorfreude steigt. Die ganze Zeit plappere ich mit meiner Schwester, obwohl wir uns normalerweise nicht so gut verstehen. Plötzlich ist all die Sorge um die Interpretation vergessen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir am Ziel an. Sofort beginnen wir mit unserer Wanderung in die Berge. Die Sonne brennt gnadenlos auf uns herab. Das würde sicher einen Sonnenstich geben. Na toll. Aber es ist zu spät, um etwas zu ändern. Der Pfad wird immer steiler und enger und die Sonne ist so erbarmungslos wie nie zuvor. Aber nach einem langen Marsch erreichen wir unser Ziel. Einen atemberaubend schönen Bergsee. Das Wasser schillert an der Oberfläche in allen Farben und ist so kristallklar, dass man bis zum metertiefen Grund sehen kann. Der Wind transportiert eine angenehme Böe durch meine Haare. Rundherum ist die Natur unberührt. Das Gras sprießt in einem saftigen Grünton aus der Erde und die mächtigen Weidenbäume spenden großzügig Schatten. Meine Familie ist bei mir und unterhält sich ausgelassen. Dieser Augenblick ist einfach perfekt.
Auf einmal fällt mir das Zitat von Kierkegaards wieder ein. Jetzt ist mir auch die Bedeutung völlig klar. Die Zeit vergeht, aber ein besonderer Augenblick bleibt bis in die Ewigkeit.
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