Zerbrochene Salzteigfiguren
Wellengleich spülst du über mich hinweg.
Flut/
Ebbe/
Nasskalter Sand.
Unsere Küsse waren für den Sommer gedacht.
Dein Geruch liegt in meinem Bett, als würde er noch schlafen.
Wir stehen an der Abbruchkante und suchen nach den Worten.
Meine Tränen schweigen.
Die Leere ist zu laut.
Trauer ist wie Treibsand.
Treibt dich fort und ich bleibe stecken.
Ich vermisse dich, obwohl du neben mir stehst.
Ich stehe auch neben mir.
Wenn du weinst, glitzern deine Augen wie Sterne.
Mein Blut läuft im Kreis.
Drei Tage Meer können heilen, was drei Tage mehr nicht können.
Eines Tages wird es kein Meer mehr geben, aber die Salzkruste auf meiner Wange wird auch dann noch sein.
Mutter sagt, ich hätte Farbe bekommen, aber die Farbe ist rot und pulsiert unter der Haut.
Meine Hand in deiner und dein Blick auf mir.
Der Regen fällt leise und regelmäßig und der Gedanke an dich hängt in der Luft. Er wispert leise in der Nacht und hält meine klammen Finger. Der Himmel ist dunkel und wolkenverhangen und vielleicht blickst du auch auf ihn. Sand in deinen Haaren und ein Lächeln auf deinem Gesicht, Schmetterlinge ohne Gewächshaus und illusionierende Küsse. Der Himmel ist dunkel und wolkenverhangen und der Mond scheint so wie in der Nacht, als wir Wir waren und nicht Du und Ich. Unsere Nacht war verschwommen, Schlieren aus Glück ziehen sich durch jede Erinnerung. Diese Nacht ist klar. Du bist nicht da und langsam macht sich der Gedanke breit, dass das so bleiben könnte. Der Herbst ist nicht mehr golden, trägt nicht mehr den Schatten des Sommers auf sich. Der süßschwere Maisgeruch wurde geerntet, der Nebel liegt auf den Feldern und die Gänse fliegen ein letztes Mal. Als ich sie zuletzt gesehen habe, war unser Glück noch da. Vielleicht ist es auf federgrauen Schwingen nach Süden geflogen. Doch die Gänse kehren im Frühjahr zurück.
Wir werden uns dann wiedersehen, wenn der Schnee schon nicht mehr fällt, aber noch nicht schmilzt. In diesem kurzen Moment der klirrenden Kälte, in dem jedes Gefühl kalt und blaugrau ist. Deine Augen sind ja wirklich blaugrau, hast du gesagt. Du bist in mir versunken, zusammen sind wir in die Tiefe gesunken. Die Wellen sind über uns zusammengeschlagen, das Meer war wirklich blaugrau und so kalt, aber deine Hände auf mir waren so warm. Als sie nicht mehr da waren, war meine Haut immer noch nass. Salzwassertränen. Sandige Erinnerungen in meiner Kleidung. Deine Umarmung ist lang und fest. Zu lang und zu fest, um nichts zu bedeuten. Deine Augen sind zu blau, um loszulassen und das Nichts zu grau, um blaugrau zu sein.
Wellengleich spülst du über mich hinweg.
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