Zu viel Alltag
„Ich habe genug. Mir reicht es“, diese Worte im Kopf wie ein Mantra wiederholend, stürme ich aus dem Raum, dem Gebäude, hinaus auf die Straße. Tagein tagaus derselbe Trott, der mich verfolgt. Alltag wird er genannt. Jeder Tag beginnt gleich und endet auch so. Alles verschwimmt zu einer grauen Masse, unterbrochen vom Wochenende, welches sich auch in Dauerschleife wiederholt. Aufstehen, Frühstück, Schule, Hausaufgaben, essen, ein paar Stunden für die mickrigen Hobbys und dann ab ins Bett, damit das Alles morgen wieder auf ein Neues beginnen kann.
Ich habe genug davon. Mir reicht es. Ich möchte ausbrechen, will nicht, dass alles stets gleich, vorhersehbar und langweilig ist. Ich möchte etwas erleben, schließlich sind wir doch genau dafür hier. Um etwas zu erleben, die schönen Seiten der Welt kennenzulernen, uns aber dennoch auch der Schattenseiten bewusst zu sein. Denn wie heißt es: „Dort wo Licht ist, ist auch Schatten.“ Fantasie und Träumerei aus dem Weg geräumt, natürlich weiß ich, dass das so nicht funktioniert. Man kann dem Alltag, der Gesellschaft und den damit verbundenen Pflichten und Erwartungen nicht entkommen. Sie verfolgen einen bis in die hinterste Ecke seines Daseins.
Genug. Es kann bedeuten, dass man ausreichend von einer Sache hat, aber auch, dass man zu viel von etwas hat. Ich habe genug davon, das Fass läuft über und ich kann damit nicht mehr umgehen.
Mein genug und gleichzeitig der Grund, warum ich die Schule so überstürzt verlassen habe, findet sich in der zweiten Bedeutung wieder. Ich habe genug davon, Sachen zu lernen, die ich größtenteils nicht brauche. Mein Kopf ist voll, ach was er läuft über vor Wissen, das ich doch nie anwenden werde. Dafür fehlt mir aber im Gegenzug der Platz, tatsächlich wertvolle Informationen zu verstauen. So kann es doch nicht weitergehen. Nur lernen, von Test zu Test.
Ich folge meinen Füßen dorthin, wo sie mich hinbringen und ehe ich verstehe, befinde ich mich hier. Das kleine Wäldchen am Stadtrand, dieser eine große Baum. Langsam lasse ich mich den Stamm hinunter gleiten und merke mit jeder Sekunde die vergeht, wie ich ruhiger werde, wie ich mich mehr und mehr entspanne, zu mir finde und mein Kopf sich leert. Keine rasenden Gedanken, keine Leute die immer mehr von mir fordern, nur ich und ein wenig Vogelgezwitscher. Der Lärm von fahrenden Autos verschwimmt im Hintergrund und in diesem Moment wird mir wieder klar, wie gut so eine Pause tut, wenn mir alles zu viel wird, wenn ich vom Alltag mal wieder genug habe.
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