Zukunftsmusik
Stille. Absolute Finsternis. Dann. Ein Scheinwerfer, der mich von hinten anstrahlt, sodass ich wie ein Schatten wirke. Ich stehe fest mit beiden Beinen auf … einer Bühne. In meiner Hand ein Mikrofon, das ich so fest umklammere, als könnte es mir ansonsten aus der Hand rutschen. Ich schließe meine Augen und lausche dem Beat, den das Schlagzeug vorgibt. Es dauert ein wenig, bis ich es schaffe, mit dem Rhythmus zu verschmelzen. Einem Gefühl folgend öffne ich den Mund und rappe die ersten Zeilen. Leise. Unsicher.
Jeden Tag, eine neue Perspektive,
Jeden Tag, eine neue Möglichkeit,
Jederzeit, ein neues Level starten,
Jederzeit, auch einfach nur mal warten,
Erst beim Pre-Chorus bin ich vollends mit der Musik verschmolzen, werde eins mit meinem geistigen Werk. Kreativität, die Intelligenz, die Spaß hat. Weil sie unbegrenzt ist, nicht in einem Käfig eingesperrt, wie das Wissen. Eine Tür zur Freiheit.
Warum Angst vor morgen,
Ist doch nur neu,
Warum die Angst am Abend,
Vorm nächsten Tag,
Angst. Das ist ein gutes Stichwort. Meine Ängste prägen mich schon seit ich klein bin. Ich habe mich oft in mich selbst zurückgezogen und kann behaupten, dass mein Kopf ein durchaus spannender Ort ist, gefüllt mit Träumen und voller Sehnsucht.
Alles, was du brauchst, steckt schon in dir,
Mach dir keine Sorgen, die gibt es schon genug,
Doch vielleicht brauchst du auch einfach nur,
Jemanden, der immer hinter dir steht,
Jemanden, der die Magie wahr werden lässt,
Aber in all der Zeit habe ich nie begriffen, dass die Realität mindestens genauso schön sein kann, wie die Fantasien in meinem Kopf. Ich meine, was spricht dagegen, dass ich sie verwirkliche? Die Magie zur Realität mache?
Morgen dann, mal einfach so die Welt retten,
Oder vielleicht, auch einfach nur mit dir chatten,
Gestern dann, vielleicht auch einfach nur mal ruhen lassen,
Morgen bietet, doch einfach so viel mehr,
Was ich auch nie verstanden habe, ist, ich genüge, indem ich einfach so bin, wie ich bin. Ich bin es wert, diesen Moment erleben zu dürfen, denn dieser Wert wird nicht mithilfe meiner Errungenschaften bemessen.
Warum Angst vor morgen,
Ist doch nur neu,
Warum die Angst am Abend,
Vorm nächsten Tag,
Alles, was du brauchst, steckt schon in dir,
Mach dir keine Sorgen, die gibt es schon genug,
Doch vielleicht brauchst du auch einfach nur,
Jemanden, der immer hinter dir steht,
Jemanden, der die Magie wahr werden lässt!
Ich kann die letzten Schwingungen der Gitarrensaite überdeutlich wahrnehmen, fühle den letzten Schlag auf die Bassdrum in mir vibrieren, bevor der Applaus losbricht. Jubelrufe dringen in meine Blase ein, erreichen leicht gedämpft mein Bewusstsein, das mit der ganzen Situation für ein paar Herzschläge überfordert ist. Dann legt sich ein unfassbares Strahlen auf mein Gesicht, das einen stockdunklen Raum zum Leuchten hätte bringen können.
„Phi, hey!“ Ich schrecke hoch und stütze mein Gesicht in meine Hände. Tagträume, meine Spezialität. Eine Träne rinnt mir die Wange hinunter. „Zukunftsmusik“, denke ich und seufze.
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