Zwischen den Zeilen

Tempo.

 

Dass es ein richtiges Tempo gibt - darin sind sich alle einig.

Welches es ist? - darüber streiten sie alle.

 

Die einen sagen: Nur ein schnelles Tempo ist das richtige, du sollst so viel wie möglich erleben. Niemals stillstehen, niemals zögern. Schneller bedeutet mehr.

Die anderen sagen: Ein langsames Tempo ist das Bessere, du solltest die Momente genießen, langsam aufnehmen und niemals vergessen. Langsamer bedeutet schöner.

Wieder andere meinen: Tempo ist relativ. Es kommt auf den Moment an. Manchmal willst du nichts mehr als Geschwindigkeit und bekommst Langsamkeit. Manchmal genau andersrum. Nimm, was geschieht und mach das Beste draus.

 

Aber was ist denn nun das richtige Tempo?

 

Soll ich am Frühstückstisch sitzen und mich immens beeilen, um nicht zu spät zu kommen? Oder soll ich den Moment genießen und später mit den Konsequenzen leben?

Soll ich mir wünschen, die Zeit während der Schularbeit würde langsamer vergehen? Oder soll ich darauf vertrauen, dass mich das passende Tempo finden wird?

Soll ich nun jeden Tag etwas vorhaben, um alles zu erleben? Um niemals denken zu müssen: "Das hätte ich doch noch machen sollen? "

Soll ich nun am Bahnsteig stehen und beten, dass der Zug endlich kommt, damit ich meinen Anschluss noch erwische? Oder soll ich akzeptieren, dass die Sekunden im richtigen Tempo verstreichen?

 

Denn: Dass es ein richtiges Tempo gibt, das behaupten sie alle zu wissen.

Nur welches das ist, können sie mir alle nicht sagen.

 

Also sitz ich da und frage mich, was dieses große, so bekannte Wort wohl zu bedeuten hat.

Ob es nur das eine richtige gibt.

Ob man sich jemals einigen wird.

Oder ob es zwischen den Zeilen nicht sowieso immer das Gleiche ist.

 

Tempo.