zwischen tür und angel
Es gibt Abende, die wie offene Türen in der Luft hängen. Im Zwielicht scheint die Zeit stillzustehen. Man treibt irgendwo im Nirgendwo zwischen gestern und morgen, schwerelos im freien Fall.
Die Schatten werden länger. Trotzdem verharrt man auf der Schwelle, will nicht mehr bleiben, aber auch noch nicht gehen.
Und während man glaubt, Unendlichkeit in den Händen zu halten, ist die Tür schon ins Schloss gefallen.
Jener Abend war so ein Abend. Ich sah es in flüchtigen Umarmungen und fest umkrallten Kameras, doch vor allem in den Gesichtern.
Ob in dunklen Ecken oder im bunten Schein der Tanzfläche, aus allen Augen sprach dieselbe Weltvergessenheit. Jedem war klar, dass der Abend wie ein Sommernachtsgewitter vorbeiziehen würde.
Und alle feierten – das Ende einer Ära oder einen Neuanfang. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt feiern wollte. Ich hätte auch nicht sagen können, ob das Glas in meiner Hand halb voll oder halb leer war. Nur, dass ich darin versinken wollte. Offene Enden konnten einen in den Wahnsinn treiben.
»Hey. «
Aus weiter Ferne drang deine Stimme zu mir durch.
Oh. Hier und Jetzt.
Ich blinzle. Du siehst es mir immer an, wenn ich den Moment lebe, als ob er schon vorbei wäre.
»Fleißig Erinnerungen gesammelt? «, frage ich.
Du lachst leise.
»Was? «
»Du tust es schon wieder. «
Ich stöhne. »Schön, dass ich dich amüsiere. «
»Im besten Sinne. Ehrlich, es tut so gut, dich zu sehen. Länger hätte ich die Fragerei nicht ausgehalten. «
»Lass mich raten, ›was willst du mal werden? ‹ hat ein Comeback? «
»Wie in Freundebuchzeiten«, meinst du.
Deine Augen funkeln. »Wollen wir die Sterne ansehen? «
Ein letztes Mal?
Du sprichst es nicht aus, aber wir beide wissen es.
Langsam schüttle ich den Kopf. Abschiede sind nichts für mich. Ich verschwinde lieber durch die Hintertür.
»Komm schon, wovor hast du Angst? «
»Unsinn. Ich hab keine Angst. « Energisch nehme ich deine Hand und ziehe dich nach draußen.
Kalte Nachtluft schlägt uns entgegen. Eine Weile stehen wir einfach da, tausend Lichter am Himmel über uns, ungesagte Worte auf den Lippen. Die Sterne so nah und doch unerreichbar.
»Davor, die Sternschnuppen zu verpassen. Oder sie zu sehen und mir etwas wünschen zu müssen, das nicht in Erfüllung gehen kann. « Ich schlucke. »Davor habe ich Angst. «
Du nickst. »Das hier war immer unser Ding. Wenn ich einen Wunsch frei hätte-«
»-solltest du ihn nicht laut aussprechen«, unterbreche ich dich, »Das wirst du nie lernen, oder? «
»Nein«, lachst du, »Aber siehst du diese drei Sterne? « Ich folge ziellos deinem Blick.
»Das ist der ›Kompass‹. Und solange der nicht vom Himmel fällt, werde ich immer hierher finden. «
Seufzend starre ich in die Dunkelheit. »Wer weiß schon, was übermorgen ist? «
»Niemand. Aber ich weiß, dass es keinen Ort gibt, an dem ich jetzt lieber wäre. «
»Geht mir auch so«, hauche ich.
Dann hängen wir wieder unseren Gedanken nach. Leiser Wind weht um meine Nase.
Plötzlich streckst du deine Hand aus.
»Tanz mit mir? «
Eigentlich ist es keine Frage.
Und wir tanzen, als gäbe es kein morgen. Dabei gibt es so viel davon.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:




















Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX